„Chrismon“-Autor Eduard Kopp gibt sich alle Mühe, in den Darstellungen der vier Evangelisten zwischen den „historischen Tatsachen“ und Sätzen, die „frei erfunden“ seien, zu unterscheiden. Matthäus, Lukas, Markus und Johannes, die alle von der Leidens- und Kreuzigungsgeschichte Jesu berichten, hat der Autor in seiner Rubrik „Religion für Einsteiger“ unter die Lupe der Exegese genommen. Insbesondere geht es Kopp um die Beantwortung der Frage: „Wer ist schuld am Tod Jesu?“ Dafür blickt er auf die „historischen Fakten“.
Was in den Evangelien berichtet wird…
Die Evangelien sind sich in ihren Schilderungen der Hintergründe der Verurteilung Jesu bis auf wenige Details einig. „Aber die Hohenpriester reizten das Volk auf, dass er ihnen viel lieber den Barabbas losgebe“, berichtet der Evangelist Matthäus. „Und alsbald am Morgen hielten die Hohenpriester Rat mit den Ältesten und Schriftgelehrten und dem ganzen Hohen Rat, und sie banden Jesus, führten ihn ab und überantworteten ihn Pilatus“, schreibt Markus.
Im Lukas-Evangelium heißt es: „Sie riefen aber: Kreuzige, kreuzige ihn! Er (Pilatus) aber sprach zum dritten Mal zu ihnen: Was hat denn dieser Böses getan? Ich habe nichts an ihm gefunden, was den Tod verdient; darum will ich ihn schlagen lassen und losgeben. Aber sie setzten ihm zu mit großem Geschrei und forderten, dass er gekreuzigt würde. Und ihr Geschrei nahm überhand. Und Pilatus urteilte, dass ihre Bitte erfüllt werde.“ Und Johannes schreibt in seinem Evangelium: „Als ihn die Hohenpriester und die Knechte sahen, schrien sie: Kreuzige! Kreuzige! Pilatus spricht zu ihnen: Nehmt ihr ihn hin und kreuzigt ihn, denn ich finde keine Schuld an ihm.“
…sei zum Teil „frei erfunden“
Nach Ansicht von „Chrismon“-Autor Kopp stimmten „nicht einmal die vier Evangelien darin überein, wer für Urteil und Exekution verantwortlich“ sei. „Im Johannesevangelium sind die historischen Tatsachen ganz und gar falsch wiedergegeben“, schreibt Eduard Kopp. Denn „angeblich soll Pilatus Jesus an ‚die Juden‘ übergeben haben, die ihn dann kreuzigten. Das ist gleich doppelt verkehrt: Weder waren die Juden rechtlich zu einer Exekution befugt, noch hätten sie die Kreuzigung als Hinrichtungsart gewählt“, kommentiert der Autor. Einen Satz im Johannesevangelium allerdings lässt Kopp unberücksichtigt: „Als aber die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch das Gewand“, heißt es da.
Doch grundsätzlich, so vermutet der „Chrismon“-Autor, seien Verse in den Evangelien „frei erfunden“. Wie etwa der im Matthäus-Evangelium überlieferte Satz: „Da antwortete das ganze Volk und sprach: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“
Dieser „Blutruf“ sei „später in die Bibel hineingeschrieben“ worden, damit wolle Matthäus seine grundlegende Botschaft illustrieren: „Während das jüdische Volk Jesus ablehnt, wenden sich ihm die Heiden zu.“ Dabei sei es jedoch „unerträglich“, dass die „globale Ausrichtung des Evangeliums mit einem Fluch über das jüdische Volk einhergeht“, meint der „Chrismon“-Autor. Und schreibt weiter: „Aber man muss mit der Erkenntnis leben, dass die Bibel ein Buch ihrer Zeit von Menschen ihrer Zeit ist.“
Das evangelische Magazin „chrismon“ erscheint monatlich als Beilage in „Die Zeit“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Mittelddeutsche Zeitung“, Schweriner Volkszeitung“, „Süddeutsche Zeitung“ und „Der Tagesspiegel“ mit „Potsdamer Neueste Nachrichten“. Herausgeber sind der Bayerische Landesbischof Johannes Friedrich, der Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe, der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber und die Hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann.
Eine Antwort
Solche Bibelverdrehung und überhebliche „Besserwisserei“ sind mir unerträglich als Mitglied einer Landeskirche! Damit sägen der Autor und die Herausgeber weiter am Stamm, der etablierten Kirchenorganisationen.