Bereits in seiner Begrüßung machte der Leiter der Christlichen Medienakademie und Veranstalter der Tagung Wolfgang Baake den Teilnehmern bewusst, wie wichtig der Austausch mit Gleichgesinnten gerade im Journalismus sei: „Ohne Praxiserfahrung haben Sie es sehr schwer, in den Medien Fuß zu fassen. Aber ohne ein Netzwerk aus Kollegen und erfahrenen Journalisten ist es heute fast unmöglich, einen Fuß in die Tür zu bekommen.“ Die Christliche Medienakademie habe es sich daher zum Ziel gesetzt, junge Menschen auf ihrem Weg in die Medien zu begleiten und zu unterstützen – durch ein vielfältiges Seminarangebot und die Pflege eines qualifizierten Nachwuchskreises.
In seinem Eingangsreferat beschrieb Andreas Dippel, Redaktionsleiter des Christlichen Medienmagazins pro und der Nahost-Nachrichtenagentur Israelnetz, das „Berufsfeld Journalismus“: „Die Arbeit in den Medien begreife ich als Tätigkeit in einem Lebensraum, eine Redaktion ist kein Arbeitsplatz, sondern ein Arbeitsraum.“ Zu einem guten Journalisten gehöre das ständige Suchen nach „der“ Nachricht, nach „dem“ Hintergrundwissen, nach „der“ Story: „Journalismus ist kein Beruf wie jeder andere, sondern eine Lebenseinstellung.“ Dippel beschrieb auch die Herausforderungen, die angesichts rasanter Entwicklungen im Online-Journalismus auf zukünftige Journalisten zukommen. „Obwohl sich das Berufsbild des Journalisten bereits stark gewandelt hat und sich weiter verändern wird, werden gute Journalisten immer gefragt und gesucht.“
„Ab 2010 enormer Bedarf an Journalisten“
Der stellvertretende Chefredakteur der Neuen Westfälischen Zeitung in Bielefeld, Carsten Heil, skizzierte den Teilnehmern die aktuelle Situation bei den Tageszeitungen. Nach schweren Jahren mit deutlichen Auflagen- und Anzeigeneinbußen sei man inzwischen wieder auf dem Wachstumspfad angelangt. Dennoch steige angesichts von ausgedünnten Redaktionen und frei zugänglichen Inhalten im Internet der Druck auf die Journalisten. „Wir müssen unseren Lesern in der Zeitung einen Mehrwert anbieten in Form von Videos, Hintergrundberichten, täglichen Kinder- und Jugendseiten, ausführlichen Interviews – und das alles mit hoher Qualität. Dadurch wird die Arbeit des Journalisten vielfältiger, aber auch aufwändiger und stressiger.“ Heil regte die Teilnehmer an, sich frühzeitig mit Stichwörtern wie Trimedialität, Cross-Media oder Online First vertraut zu machen. Dennoch gab er sich überzeugt, dass sich der Weg in die Medien lohne, da in wenigen Jahren ein Mangel an qualifizierten und flexiblen Journalisten gerade im Online-Bereich abzusehen sei: „Wer kreativ ist, auf sich aufmerksam macht, das nötige Selbstvertrauen hat und bereit ist, sich überdurchschnittlich zu engagieren, kann in den Medien erfolgreich sein.“
Über die Möglichkeit, christliche Themen in säkularen Medien zu platzieren, berichtete Christoph Weirich, Chef vom Dienst bei „Hessenjournal“/“Hessen aktuell“ des Hessischen Rundfunks in Frankfurt am Main. Er warnte dabei ausdrücklich vor „übertriebenem missionarischem Sendungsbewusstsein“. Ein Vorleben des christlichen Glaubens sei wesentlich wirkungsvoller: „Wer sich als Journalist mit christlichen Themen beschäftigen will, sollte seinen Weg in ein frommes Medium suchen.“ Anknüpfungspunkte für christliche Aussagen gebe es aber auch in säkularen Medien immer wieder, etwa bei Themen wie Sterbehilfe, Abtreibung, Terrorangst oder Ehe und Familie. Weirich ermutigte die jungen Menschen, sich die Fragen zu beantworten: Warum will ich in die Medien? Ist das mein Weg? Und was sagt Gott dazu?
Einen sehr persönlichen Bericht gab Anna Ntemiris, Lokalredakteurin bei der Oberhessischen Presse in Marburg. Mit zahlreichen anschaulichen Beispielen zeigte sie den Nachwuchsjournalisten auf, vor welchen schwierigen moralischen Entscheidungen sie jeden Tag aufs Neue stehe: Mal wird ihr vertrauliches Material zugespielt, mal geht es um den Namen eines Stadtpromis, bei dem kinderpornografische Fotos gefunden werden, mal um brisante Recherchen, mal um den Abdruck der Namen von verunglückten Bergsteigern. „Angesichts von Tricks und Täuschungen würde ich den Journalismus zwar nicht als unmoralischen Beruf bezeichnen – wir müssen uns aber schon immer wieder fragen, ob wir unser Verhalten vor Gott rechtfertigen können und wie weit unsere Neugier gehen darf“, bekannte sie den sichtlich nachdenklichen Zuhörern.
Wege in die Medien: Erfolgsfaktoren von A bis Z
Was verstehen Christen unter „Erfolg“? Stefan Ernst, stellvertretender Leiter des Wirtschaftsressorts bei „Bild“ in Hamburg, bezog hierzu im abschließenden Impulsreferat klar Position: „Erfolg ist, am richtigen Ort zu sein, um seine Gaben und Neigungen voll einbringen und leben zu können.“ Damit stellte er den beruflichen Erfolg in einen Zusammenhang, der weit über Faktoren wie Einfluss oder Geld hinausreicht. Mit seinem persönlichen „ABC des Erfolgs“ auf dem Weg in die Medien ließ er die Teilnehmer zudem an seinem Erfahrungsschatz aus fast zehn Jahren Mitarbeit bei „Bild“ profitieren: Er überraschte die jungen Leute mit einer detailverliebten Liste, die mit A wie „Auftreten“ begann und mit Z wie „Zuverlässigkeit“ endete.
Auch die diesjährige Nachwuchstagung der Christlichen Medienakademie war gekennzeichnet durch eine Vielfalt an Begegnungen zwischen Einsteigern und erfahrenen Journalisten, tief gehenden Gesprächen, anregenden Impulsreferaten sowie persönlichen Einblicken der „alten Hasen“ des Medienbetriebs. Und für manche waren die Einblicke auch überraschend – und vielleicht weg-weisend.