Auf dem Bildschirm flattert ein Schmetterling, danach sind Kleinkinder zu sehen, die in einem quietschbunten Zimmer zusammen spielen. Manche Hintergründe und auch ein Teil der animierten Figuren erinnern an die „Teletubbies“. Diese hatten anno 1999 bereits Diskussionen in Pädagogen-Kreisen ausgelöst.
„Baby TV“ sendet 24 Stunden am Tag und bietet kurze Sendungen speziell für Babys und Kleinkinder bis drei Jahre an. Werbung gibt es nicht. Laut Angaben des Senders stehen tagsüber kindgerechte Animationen zu Farben und Formen, Expeditionen ins Tierreich, Lieder sowie das Erlernen erster Worte und Ratespiele im Mittelpunkt. Abends gibt es Musik, begleitet von entspannenden Formen und Farben. Das Programm wird überwiegend in Israel produziert, ein Teil der Sendungen stammt aus Großbritannien.
Ein eigener Kanal für Wickelkinder?
Warum brauchen Krabbelkinder nun einen eigenen Fernsehkanal? Liran Talit, General-Manager von „Baby TV“, begründet die Idee so: „Babys werden ohnehin von den Eltern vor dem Fernseher ‚geparkt‘. Dann ist es doch am besten, wenn sie ein altersentsprechendes Programm ansehen.“ Bei der Entwicklung arbeite man eng mit Pädagogen, Soziologen und Psychologen zusammen, so Talit.
Die hiesigen Kindersender reagieren mit Ablehnung. So sagte „Kika“-Chef Frank Beckmann gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“: „Ich würde mein Baby nicht vor der Glotze parken. Dann kann ich es auch nicht unseren Zuschauern anbieten. Babys brauchen Zuneigung oder elterliche Nähe und keine Flimmerkiste.“
„Super-RTL“ Chef Claude Schmit, dreifacher Vater, reagiert ähnlich: „Meine Meinung ist, dass Babys nicht vor den Fernseher gehören. Die Fachwelt ist sich einig, dass TV-Konsum für diese Zielgruppe schädlich ist.“
Medienpädagogen und Pädagogen warnen schon seit geraumer Zeit ausdrücklich davor, Kleinkinder bereits vor den Fernseher zu setzen. „Baby-TV“-Geschäftsführer Talit sieht das natürlich anders: „Baby TV zeigt verschiedene Formate, die altersgerechtes Lernen mit spielerischen Elementen verbinden.“
Fernsehen: Lernprogramm oder Babysitter?
Das Argument der Lernförderung ist bekannt und bewegt seit Jahrzehnten engagierte Eltern dazu, Kindern Fernsehen, Computer- und Videospiele zu erlauben. Pädagogische Fernsehsendungen, sprachfördernde Lernspiele und Wissensmagazine sollen dazu dienen, dass Kinder bestmöglich gefördert werden. Nun eben auch schon Babys. Oder spielt doch der gewisse Neben-Effekt, den das Fernsehen bietet, die größere Rolle? Es verschafft den Eltern Ruhe. Oft genug dient Fernsehen schlicht und ergreifend als Babysitter. Genau dieser Umstand bereitet den Medienpädagogen und Erziehern Sorge.
Kinder lernen durch Begreifen und sinnliche Erfahrungen
Stefan Aufenanger, Erziehungswissenschaftler an der Universität Mainz, hält Fernsehen für Babys für etwas völlig Überflüssiges: „Da die Kinder kaum etwas von dem verstehen können, was auf dem Bildschirm geschieht, sollte man seinen Kindern lieber angemessenes Spielzeug geben.“ In der „Welt“ weist Aufenanger drauf hin, dass sich das Denken von Kleinkindern im wahrsten Sinne des Wortes über das „Be-Greifen“ entwickle.
Besser ist also, wenn Kleinkinder nicht zuschauen, wie andere Kinder oder animierte Figuren auf dem Bildschirm spielen, sondern selber Bausteintürme bauen oder die Natur „live“ erleben, riechen und anfassen können. Dies ist das beste Lernprogramm, das Eltern ihren Kindern bieten können.