Israel-Dokumentation „Holding Liat“ ausgezeichnet

Der Dokumentarfilmpreis der Berlinale geht an einen Film, der sich mit der Geiselnahme durch die Hamas beschäftigt. „Holding Liat“ erzählt die Geschichte von Liat Beinin Atzili, die am 7. Oktober 2023 entführt wurde.
Von Anna Lutz

Es war eine Berlinale, die sich auch mit Israel beschäftigte – und das schlug sich am Ende in den Preisen nieder. Am Samstagabend verlieh die Jury der Filmfestspiele ihre Bären. Unter den Preisträgern war die Dokumentation „Holding Liat“ der Brüder Brandon und Lance Kramer. Sie erhielten den mit 40.000 Euro dotierten Dokumentarfilmpreis.

Die amerikanische Produktion zeigt die Geschichte der Lehrerin Liat Beinin Atzili, die zu den 250 Menschen gehörte, die die Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 im Kibbuz Nir Oz entführte. 1.139 Menschen ermordete sie. 

Geschichte einer zerrissenen Familie

Schon einen Tag nach dem Anschlag begann Brandon Kramer seine Dreharbeiten. Er sprach mit Liats Familie, begleitete die Eltern Yehuda und Chaya, Juden mit US-Bürgerschaft, dabei, wie sie das zerstörte Haus ihrer Tochter besuchten. Nicht nur sie wurde entführt, auch ihr Ehemann Aviv ist zu diesem Zeitpunkt in den Händen der Hamas. Die erwachsenen Kinder konnten sich retten, besonders der älteste Sohn Netta erlebte den Terrorangriff direkt mit und kam geradeso mit dem Leben davon.

Doch „Holding Liat“ ist nicht nur ein Film über das Leid einer Familie, die durch die Hamas entzweigerissen wurde. Er ist auch höchst politisch, denn auch hier ist die Familie gespalten. Yehuda ist ein Unterstützer des als links geltenden unabhängigen Politikers und für die Demokraten als US-Senator fungierenden Bernie Sanders. 

Es ist kaum überraschend, dass er die konservative Politik Benjamin Netanyahus nicht unterstützt und auch nach der Geiselnahme immer wieder betont, diesem ginge es darum, eine Kriegsagenda zu realisieren, anstatt sich um die Sicherheit der Geiseln zu kümmern. Yehuda ist für Friedensverhandlungen, schon kurz nach dem Verbrechen in Nir Oz. Der junge Netta hingegen ist in seinem Leid und in seiner Trauer für Vergeltung: „Sie müssen sterben“, sagt er über die Entführer.

Foto: Meridian Hill Pictures 2025
Liat Beinin Atzili Arm in Arm mit ihrem Vater Yehuda und ihrer Familie

„Holding Liat“ begleitet die Familie über viele Monate, das Team erlebt mit, wie Liat nach 50 Tagen aus der Geiselnahme frei kommt und nach Israel zurückkehrt. Und wie sie ihre Familie dann in der Tat und wie es der Titel schon anzeigt, in die Arme schließen kann. Doch nicht alle. Der Film dokumentiert auch die Beisetzung Avivs. Er wurde während des Angriffs derart schwer verletzt, dass er nicht überlebte. Liat entschied sich nach dem Tod ihres Mannes dafür, sich für Frieden und die Erinnerung an das Leid der Juden einzusetzen. Die Geschichtslehrerin gibt Führungen in der Gedenkstätte Yad Vashem und betont in Interviews immer wieder ihre Hoffnung auf Frieden im Nahen Osten. 

Bei der Preisverleihung am Sonntagabend erklärten die Kramer-Brüder, ihnen sei davon abgeraten worden, die Dokumentation zu realisieren, „weil diese Geschichte keine einfachen Antworten gibt“. Genau das sei aber der Grund gewesen, warum sie sich dem Thema angenommen hätten. Die Jury würdigte ausdrücklich den respektvollen Umgang der Macher mit dem Schmerz der Familie, aber auch mit dem kollektiven Schmerz Israels. Der Film zeige einen Weg der Humanität, statt einen der Rache auf.

Goldener Bär geht nach Norwegen

Ein Goldener Bär, der Hauptpreis des Festivals, ging an den norwegischen Film „Dreams (Sex Love)“. In dem Film geht es um eine 17-Jährige, die sich in ihre Lehrerin verliebt und ihre Erlebnisse zu Papier bringt. 

Foto: Guillermo Garza / Desvia
Tereza im Film „The Blue Trail“

Die Ökumenische Jury bei der Berlinale, zusammengesetzt aus Filmexperten mit katholischem und evangelischem Kirchenbezug, zeichnete drei Filme aus. Sie legt besonderen Wert auf die Vermittlung christlicher Werte. Zum einen gab auch sie einen Preis an „Holding Liat“. Ein weiterer Preis ging an „The Heart is a Muscle“ über einen jungen Vater und die Konflikte seines Lebens. Aus dem Wettbewerb zeichnete die Ökumenische Jury den Film „The Blue Trail“ aus.

Der Film von Gabriel Mascaro begleitet eine ins Rentenalter gekommene Frau, die in ihrer Gesellschaft nun eigentlich aussortiert werden soll. Denn es gilt: Wer ein bestimmtes Alter erreicht, soll den Jüngeren nicht mehr zur Last fallen und stattdessen staatlich betreut in einer Altersresidenz leben. Nur, dass niemand wirklich weiß, wie es da zugeht. Tereza (Denise Weinberg) verweigert sich dieser Deportation und sucht sich Freunde, die ihr helfen, zu fliehen. Am Ende erlebt sie Abenteuer um Abenteuer und erfindet sich neu.

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