Wissenschaftler: Wie groß war Goliath?

Neueste Forschungsarbeiten zeigen, dass die biblische Figur Goliath offenbar mit 2,38 Metern tatsächlich sehr groß war. Auch zur möglichen medizinischen Ursache dieses hohen Wuchses haben Forscher Erklärungen.
Von Jörn Schumacher

In 1. Samuel 17 wird die Figur des Goliath ausführlich beschrieben: Im Vertrauen auf Gottes Hilfe trat David dem gewaltigen Gegner entgegen und konnte ihn mit seiner Steinschleuder töten. Im Bibeltext heißt es: „Goliath war sechs Ellen und eine Spanne groß. Auf seinem Kopf hatte er einen Helm aus Bronze und er trug einen Schuppenpanzer aus Bronze, der fünftausend Schekel wog.“ David trat dem Riesen entgegen, griff in seine Hirtentasche, nahm einen Stein heraus, schleuderte ihn ab und traf den Philister an der Stirn. Der fiel mit dem Gesicht zu Boden. David lief zu Goliath und tötete ihn mit seinem sein Schwert. „Als die Philister sahen, dass ihr starker Mann tot war, flohen sie.“ (1. Sam 17,48–51).

Nach modernem Verständnis entspricht die Größenangabe „sechs Ellen und eine Spanne“ nach heutigen Maßstäben etwa 2,38 Meter. Andere Schätzungen gehen eher von 1,83 Metern aus.

Denn in der Septuaginta, einer zwischen dem 1. und 3. Jahrhundert v. Chr. verfassten Übersetzung des Alten Testaments ins Griechische, wird Goliaths Größe mit vier Ellen und einer Spanne angegeben.

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Goliath tatsächlich 2,38 Meter groß war. Jeff Chadwick, Professor für Archäologie und Nahoststudien an der Brigham Young University im US-Bundesstaat Utah hat alte Maßeinheiten untersucht und herausgefunden, dass eine israelitische Elle etwa 54 Zentimeter lang war und eine Spanne 22 Zentimeter. Diese Maße wurden auch für die Architektur von Gath, der vermuteten Heimatstadt Goliaths, verwendet. Dies berichtet die britische Zeitung „Daily Mail“.

Architektonische Maßangaben führten auf die Spur

Der Bibelwissenschaftler Clyde Billington sagte gegenüber der Zeitung: „Die antike Elle war die Distanz vom Ellenbogen bis zur Spitze des Mittelfingers. Eine Spanne ist die Breite einer Hand. Dies variierte von Individuum zu Individuum und nur in Ägypten war die Elle auf 20,66 Zoll (52,5 cm) standardisiert.“ Nach ägyptischen Maßeinheiten hätte Goliath bei sechs Ellen und einer Spanne 3,28 Meter gemessen, was geradezu undenkbar ist. Selbst wenn man die Angabe von vier Ellen und einer Spannweite annähme, wäre Goliath immer noch etwa 2,26 Meter groß. Heute gehen Archäologen jedoch davon aus, dass die alten Israeliten ein anderes Maßsystem verwendeten. Billington ist Geschäftsführer des „Institute for Biblical Archaeology“ in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota.

Goliaths Heimatstadt Gath befand sich vermutlich in Tell es-Safi im heutigen Israel, das schon um etwa 5000 v. Chr. bewohnt war. Von Goliath selbst fanden Forscher bislang freilich keine Überreste, doch Ausgrabungen deuten darauf hin, dass es tatsächlich eine Schlacht zwischen den Israeliten und den Menschen von Gath gab, wie es die Bibel berichtet. Archäologen fanden Pfeilspitzen und Hinweise auf eine Waffenproduktion an diesem Ort.

Durch die Messung hunderter architektonischer Merkmale ermittelten Forscher unter der Leitung von Chadwick die von den antiken Architekten verwendeten Einheiten. Daraus ergab sich, dass die antike Elle 54 cm entsprach, während eine Spanne 22 cm betrug. Mit diesen Einheiten ergibt sich eine Größe von Goliath von 2,38 Metern. Wenn man bedenkt, dass die Durchschnittsgröße eines Menschen in der Bronzezeit 160 cm betrug, muss Goliath seinen Zeitgenossen wie ein Riese erschienen sein.

Vermutlich genetische Störung

Zu der ungewöhnlichen Größe könnte eine genetische Störung geführt haben, die zu unkontrollierbarem Wachstum führt. Genetiker sprechen hier von „Akromegalie“, einer Krankheit, die durch ein Tumorwachstum in der Hirnanhangdrüse verursacht wird. Dies hätte Goliath nicht nur groß gemacht, sondern auch seine Gesundheit geschwächt, was seine Niederlage gegen David noch plausibler machte.

Patrick Morrison, Genetiker vom Belfast City Hospital, erklärte gegenüber „Daily Mail“, dass Goliath an der seltenen genetischen Erkrankung der Hypophyse gelitten haben könnte. „Die Hypophyse produziert etwa sechs Hormone, und eines davon ist das menschliche Wachstumshormon.“ Was in der Pubertät einsetzte, um das Wachstum anzuregen, schalte sich normalerweise von selbst wieder ab. Bei manchen Menschen stören Tumore jedoch die normalen Regelkreisläufe, und die Produktion des menschlichen Wachstumshormons wird dann nicht gestoppt. Das führt zu einer Erkrankung namens akromegaler Gigantismus.

Die Geschichte gibt Hinweise auf zahlreiche Beispiele für Individuen mit gigantischer Statur. Das älteste nachgewiesene Beispiel ist Sa-Nakht, ein altägyptischer Pharao aus dem Jahr 2700 v. Chr., der 1,98 m groß gewesen sein soll. Ebenso haben Forscher bestätigt, dass ein 2,02 m großes Skelett aus dem Rom des 3. Jahrhunderts n. Chr. an Gigantismus litt. Der sogenannte „Irish Giant“ Charles Byrne lebte in den 1780er Jahren in London und war 2,31 Meter groß. Der derzeit größte lebende Mensch auf dem Planeten ist der Türke Sultan Kosen, der 2,51 Meter misst.

Großer, aber schwacher Riese

Der Genetiker Patrick Morrison weist noch auf einen anderen interessanten Aspekt hin, der mit dem biblischen Goliath zu tun haben könnte: Die Hypophyse befindet sich direkt an der Basis des Gehirns, in etwa zwischen den Augen. „Wenn sie größer wird, drückt sie auf die Nerven, die für Ihr Sehvermögen zuständig sind, sodass das seitliche Sehvermögen nachlässt. Oft bemerken die Patienten dies zum ersten Mal, wenn sie beim Autofahren einen Radfahrer anfahren, weil sie ihn am Straßenrand nicht sahen.“ Wäre Goliath Ende 20 gewesen, könnte der Tumor bereits sehr weit fortgeschritten sein und sein peripheres Sehvermögen nahezu eingeschränkt haben. In der Bibel wird beschrieben, wie Goliath von einem Schildträger in die Schlacht geführt wurde, der ihm möglicherweise den Weg zum Feind weisen musste.

Hypophysenriesen leiden außerdem häufig unter schweren gesundheitlichen Problemen und haben Mühe, das Gewicht ihrer massiven Gliedmaßen zu tragen. Die enorme Menge an Blut, die für die Muskelfunktion benötigt wird, führt dazu, dass die Blutgefäße unter dem Druck platzen und sich Krampfadern bilden, die äußerst anfällig für Infektionen sind. Das zusätzliche Blutvolumen stellt auch eine enorme Belastung für das Herz dar. Morrison weist darauf hin, dass viele Riesen Schwierigkeiten haben, ihre Arme über den Kopf zu heben, geschweige denn einen riesigen Speer zu schwingen. Um die Sache noch schlimmer zu machen, hätte der Tumor auch eine Schwächung des Schädels verursacht, wodurch der Aufprall eines gut platzierten Steins noch tödlicher gewesen wäre. Fazit: Goliath sah vermutlich wegen seiner Größe furchteinflößend aus, war aber in Wirklichkeit eher schwach.

Demnächst auf Amazon Prime: David gegen Goliath

In einer im Februar startenden Serie auf Amazon Prime ist demnächst auch eine filmische Darstellung von Goliath zu sehen. Die erste Staffel von „House of David“ startet am 27. Februar 2025 bei Amazon Prime, in 240 Ländern in 27 Sprachen. Vor kurzem veröffentlichte Prime den ersten Trailer – er zeigt unter anderem den Kampf zwischen David und Goliath. Hier ist der furchterregende Philister aber sogar mehr als doppelt so groß wie alle anderen Personen.

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