Kirchen warnen vor Übergriffen auf Politiker

Beim CDU-Parteitag in Berlin sind Delegierte und Parteispitze zu einem ökumenischen Gottesdienst zusammengekommen. Die Kirchenvertreter Gidion und Jüsten verwehrten sich vor Gewalt gegenüber Politikern und mahnten zur Besonnenheit im Wahlkampf.
Von Norbert Schäfer

Zu Beginn des 37. Parteitags der CDU in Berlin haben sich am Montagmorgen Delegierte und Parteiobere zu einem ökumenischen Eröffnungsgottesdienst in der Grunewaldkirche versammelt. Die Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Prälatin Anne Gidion, erinnerte an die Tradition, vor Parteitagen Gottesdienste zu feiern, um Segen zu erbitten, was gerade im Wahlkampf von Bedeutung sei, wenn die „Nerven angespannt“ seien. Der Rückblick auf den Ursprung könne helfen, in stürmischen Zeiten innezuhalten und Orientierung zu finden.

Nach Angaben der Pressestelle verwies Gidion im Gottesdienst auf die Erfahrungen des Apostels Paulus, der in den frühen christlichen Gemeinden oft auf Widerstände gestoßen sei und Auseinandersetzungen geführt habe, um den Glauben in der realen Welt zu festigen. Streit sei legitim und notwendig, erklärte Gidion, jedoch müsse er gewaltfrei geführt werden. Jegliche Gewalt und Übergriffe gegen politisch Engagierte seien zu verurteilen.

Die Prälatin erinnerte im Gottesdienst an den verstorbenen ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler. Das CDU-Mitglied habe sich aus christlichem Glauben heraus mit großem Verantwortungsbewusstsein für weltweite Gerechtigkeit eingesetzt.

Nicht Streit suchen, sondern weiterziehen

Prälat Karl Jüsten vom Katholischen Büro in Berlin reflektierte in seiner Predigt über die Aussendung von 72 Jüngern durch Jesus, wie im Evangelium nach Lukas geschildert. Diese Zahl symbolisiere die Weltbevölkerung in ihrer Gesamtheit und stehe auch für die weltweite Mission des Christentums, sagte Jüsten laut Redemanuskript. Jesus habe die Jünger paarweise als Botschafter des Friedens ausgesandt und geboten, bei Ablehnung nicht zu verzweifeln, sondern weiterzugehen.

Jüsten zog dem Manuskript zufolge in seiner Predigt Analogien zum Wahlkampf: Wahlkämpfer begegneten oft Ablehnung und Bedrohungen. Die Kirche verurteile „aufs Schärfste, wenn Parteibüros attackiert und die dort Arbeitenden in Angst und Schrecken versetzt werden, wenn im Netz Politikerinnen und Politiker mit Mord bedroht werden, wenn der politische Gegner herabgesetzt und entwürdigt wird, ja, wenn Menschen Angst haben, überhaupt noch Politik zu machen, weil sie die ständige Bedrohungslage nicht mehr aushalten“.

„Nun werden Sie auch die Erfahrung gemacht haben, auf radikale Ablehnung zu stoßen“, wandte sich Jüsten an die Christdemokraten. Jesus habe empfohlen, nicht den Streit zu suchen, sondern weiterzuziehen. Wahlkämpfer bräuchten „ein hartes Fell“. Jüsten: „Deshalb müssen wir Ihnen zunächst einmal dankbar sein, dass Sie diesen Dienst für die Demokratie machen, wir müssen solidarisch mit Ihnen sein, wenn Sie verunglimpft werden. Vielleicht sollten wir auch etwas milder sein, wenn Wahlkämpfenden im Eifer des Gefechts Fehler unterlaufen.“

Der Prälat erinnerte an die „Fundamente“ der CDU und die globale Verantwortung der Christdemokraten für Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit sowie die klare Absage an Rassismus und Antisemitismus. „Die Verantwortung für die Eine Welt, die etwa Horst Köhler herausragend gesehen und gelebt hat, sie gehört zur DNA unseres Glaubens. Als gläubige Christen können wir deshalb gar nicht anders, als für Freiheit und Frieden, für Weltoffenheit, für Toleranz und Gerechtigkeit einzutreten“, erklärte Jüsten, und weiter: „Und es verbieten sich Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Lassen Sie mich deshalb mit einem Dank enden, dass Sie dafür immer eingetreten sind.“

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