Betroffene fordern zentrales Melderegister für Missbrauch in der Kirche

Nach der Studie zur sexualisierten Gewalt in Kirchen fordern Betroffene ein zentrales Melderegister für Missbrauchsfälle in der Kirche. Das soll helfen, Hemmschwellen abzubauen und die Aufklärung zu verbessern.
Von Petra Kakyire
Der Missbrauch im Kindsalter zeigt auch im Leben der Erwachsenen Spuren – davon berichtet der Film „Grace á Dieu"

Kirchliche Einrichtungen brauchen dringend ein zentrales Melderegister für Missbrauchsfälle. Das sagt Detlev Zander, der Betroffenensprecher des Beteiligungsforums sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Er selbst wurde in einem Kinderheim in Korntal missbraucht. Ein Jahr nach der Veröffentlichung einer bundesweiten Missbrauchsstudie über sexualisierte Gewalt in der Kirche bleibe das wahre Ausmaß der Taten weiterhin unklar, heißt es in einem Artikel des Nachrichtendienstes Spiegel Online.

Die sogenannte „Forum-Studie“, die am 25. Januar in Hannover vorgestellt wurde, dokumentiert bereits 1.259 beschuldigte Kirchenmitarbeiter und 2.225 betroffene Kinder und Jugendliche. Martin Wazlawik, der Leiter der Studie, betont jedoch, dass diese Zahlen nur „die Spitze des Eisbergs“ darstellen würden. Die erschreckenden Ergebnisse der Studie seien noch unvollständig, da lediglich 5.000 bis 6.000 Disziplinarakten der EKD und der Diakonie untersucht worden seien. Zum Vergleich: Eine ähnliche Studie zur katholischen Kirche hatte rund 38.000 Personalakten untersucht, heißt es im SPIEGEL-Artikel.

Betroffene brauchen Online-Meldestelle für Missbrauchsfälle

Die Hemmschwelle für viele Betroffene, sich an die Kirche zu wenden – die Institution, die oft selbst die Täterorganisation ist – sei nach wie vor groß, sagte Zander. Deshalb fordert er neben dem zentralen Melderegister auch die rasche Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle, die den Betroffenen eine vertrauenswürdige Anlaufstelle bietet.

Die EKD reagiert auf die Diskussion und verweist auf ihren im Dezember 2024 auf der Synode in Würzburg verabschiedeten Maßnahmenplan, der weitere Schritte zur Aufarbeitung und Prävention von sexualisierter Gewalt vorsieht. Doch viele Betroffene wie Zander und auch Jakob Feisthauer, ein Mitglied der Initiative „Vertuschung beenden“, kritisieren die bisherigen Bemühungen als unzureichend. Feisthauer, der im Alter von 13 bis 15 Jahren von einem Diakon missbraucht wurde, hatte den Täter bereits 2002 angezeigt. Der Diakon wurde später verurteilt, doch Vorgesetzte des Täters sollen bereits 1996 von den Missbrauchsvorwürfen gewusst haben.

Der Forschungsverbund „Forum“ arbeitet unabhängig und interdisziplinär zu sexualisierter Gewalt im Kontext von evangelischer Kirche und Diakonie. Durch die Einbeziehung von Betroffenen und die Sicherung der finanziellen Unabhängigkeit trägt der Verbund zur Aufklärung und langfristigen Prävention bei.

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