Religion wirkt sich nur minimal auf das Glücksempfinden aus

Religiöse Menschen sind zufriedener mit ihrem Leben als Atheisten oder Agnostiker. Der statistische Effekt ist allerdings nur minimal. Das hat der Psychologe Gabriele Prati von der Universität Bologna herausgefunden.
Von Johannes Blöcher-Weil
Religiosität sorgt nur minimal für mehr Lebenszufriedenheit

Obwohl Religiosität generell die Lebenszufriedenheit erhöht, wenden sich viele Menschen von der organisierten Religion ab. Der Glücksforscher Ed Diener hat dies 2011 als „Religionsparadoxon“ bezeichnet. Jetzt hat der italienische Wissenschaftler Gabriele Prati erforscht, dass der direkte Effekt von Religiosität auf das Wohlbefinden der Menschen keine praktische Relevanz hat.

Prati hat seine Forschungen in einem Aufsatz im Fachjournal „Psychology of Religion and Spirituality“ erläutert. Demnach ist der statistisch signifikante Effekt so klein, „dass er mehr oder weniger irrelevant erscheint“. Die Menschen wendeten sich also von der Religion ab, weil diese sie nicht glücklich macht.

Über die Studie berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Demnach wollte Prati „die Stärke des positiven Effekts von Religiosität auf das Glücksempfinden“ quantifizieren. Der Wissenschaftler analysierte dafür die Datensätze von fast 650.000 Probanden aus 115 Ländern zwischen 1981 und 2021. Auch weitere Langzeitstudien mit mehreren 10.000 Teilnehmern wurden eruiert.

Gehalt ist wichtiger für die Zufriedenheit

Da bei Langzeitstudien immer die gleichen Probanden befragt werden, können Veränderungen und Einflussfaktoren besser ermittelt werden. Viel mehr Einfluss auf die Lebenszufriedenheit und das Glücksempfinden hätte etwa das Gehalt. Der Wert sei um 150 Prozent (Zufriedenheit) und um 130 Prozent (Glücksempfinden) höher als der Effekt von Religiosität.

Viele Studien ohne aufregende Ergebnisse würden nie bekannt oder ließen sich nicht leicht publizieren. Das führe dazu, dass das Ergebnis verzerrt werde. Prati betont in seinem Artikel auch, „dass Religion nicht nur positive, sondern auch negative Wirkungen haben könne, die sich als Gesamtpaket womöglich gegenseitig aufheben“. Trost und Sinnstiftung stünden auf der anderen Seite unerfüllbare Moralvorstellungen gegenüber „sowie die damit verbundene Furcht vor göttlicher Strafe“.

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