Sollten Handys an Schulen verboten werden?

Smartphones sind allgegenwärtig – auch an Schulen. Sollte man sie nicht einfach verbieten? Während die Politik einheitliche Regeln und Verbote fordert, reagieren Pädagogen zurückhaltender.
Von Norbert Schäfer
Kinder im Klassenzimmer, sitzend auf ihrem Schreibtisch, schauen auf ihr Handy

Weil Bildung in Deutschland in die Hoheit der Bundesländer fällt, gelten auch für Verbote von Mobiltelefonen an Schulen die Regelungen der einzelnen Länder. Die rechtliche Grundlage dafür bilden die jeweiligen Schulgesetze der Länder. Bisher liegt es bundesweit in der Verantwortung der Schulen selbst, eigene Regeln und Verbote zur Nutzung von Mobiltelefonen festzulegen. Das könnte sich ändern, denn Hessens Kultusminister Armin Schwarz (CDU) setzt sich für ein bundesweit einheitliches Handyverbot an Schulen ein.

Schwarz will das Thema bei der Kultusministerkonferenz zur Sprache zu bringen. Der Unions-Politiker verwies gegenüber der „Hessenschau“ auf Studien, die zeigten, dass ein solches Verbot die Konzentrationsfähigkeit der Schüler erhöhen und sie vor Ablenkungen schützen würde. Der hessische Kultusminister verweist zudem auf positive Erfahrungen aus Ländern wie Kanada und Australien, die bereits entsprechende Verbote eingeführt haben. Geht es nach dem Willen von Schwarz, soll es „Handyschutzzonen“ geben und die Geräte an der Grundschule überhaupt nicht mehr vorkommen.

Sollen Smartphones entweder komplett zu Hause bleiben oder beim Betreten der Schule ausgeschaltet und weggelegt werden? Der Medienpädagoge Achim Halfmann vom christlich geprägten „Bildungszentrum Bleibergquelle“ sieht das skeptisch. „Wenn wir es nicht schaffen, den Jugendlichen in der Schule Medienkompetenz zu vermitteln, wo sollen sie es denn sonst lernen?“, erklärt Halfmann in Gespräch mit PRO. Ein pauschales Verbot sei aus seiner Sicht eine „Kapitulation vor der Herausforderung“. Halfmann: „Schließlich sind die Geräte im privaten Umfeld ohnehin allgegenwärtig – ohne pädagogische Einflussnahme.“

Verbote sind keine Lösung

Halfmann plädiert dafür, Handys gezielt in den Unterricht zu integrieren, statt sie zu verbieten. An seiner eigenen Schule werde Medienkompetenz großgeschrieben: „Tablets werden bewusst genutzt, um digitale Recherchen zu ermöglichen. Es wäre lebensfern, digitale Geräte gänzlich auszuschließen“, erklärt der Medienpädagoge. Das Verlangen, „mit dem Handy zu spielen“, sei geringer, wenn Kinder im Alltag lernen, die Technik sinnvoll in ihr Leben zu integrieren.

Das Hauptproblem liegt nach Halfmanns Einschätzung jedoch nicht nur in der Nutzung der Geräte, sondern in der Balance zwischen digitalen und realen Aktivitäten. „Die Lösung ist nicht, digitale Geräte zu verbieten, sondern andere Aktivitäten zu stärken“, betont er. Kommunikation, Gruppenerlebnisse und Freizeitgestaltung abseits des Bildschirms seien zentrale Fragen und Aufgaben, denen sich auch die Eltern stellen müssten.

Was rät der Medienpädagoge? „Eltern sollen aktiv werden und ihre Kinder in der digitalen Welt begleiten, mit ihnen über Inhalte sprechen und ihre Selbstdarstellung reflektieren“, erklärt Halfmann, und weiter: „Eltern sollten wissen, was ihre Kinder auf Plattformen wie Instagram oder TikTok tun, wem sie folgen und wie sie sich präsentieren.“

Auch die Social-Media-Verbote für unter 16-Jährige, wie diese jüngst in Australien auf den Weg gebracht wurden, hält Halfmann für fragwürdig: „Man kann darüber diskutieren, ob ein 13-Jähriger Instagram braucht. Aber ein Verbot bringt nichts, wenn sich niemand daran hält.“ Vielmehr sei Aufklärung und ein bewusster Umgang gefragt. Denn letztlich sei der Umgang mit digitalen Medien eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die nicht durch ein einfaches „Handy aus!“ gelöst werden könne.

Medienkompetenz ist gefragt

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen lehnt ein pauschales Handyverbot ab. Thilo Hartmann, Vorsitzender der GEW Hessen, betont in einer Pressemitteilung, dass Schulen ihre Schüler auf die Herausforderungen des digitalen Zeitalters vorbereiten müssen. Gute Medienbildung sei entscheidend. „Statt Smartphones aus dem Schulalltag zu verbannen, sollten Kinder und Jugendliche lernen, diese verantwortungsvoll und reflektiert zu nutzen“, erklärte der GEW-Vorsitzende. Ein generelles Verbot verlagere Probleme wie Cybermobbing oder Suchtverhalten lediglich ins Private, ohne sie zu lösen.

Auch Kai Hanke, Geschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks, sprach sich in einem ZDF-Gespräch mit dem hessischen Kultusminister dagegen aus, „Handys aus dem Bildungswesen herauszuhalten“. Damit würden die Probleme „nach draußen“ verlagert.

Fazit: Insgesamt zeigt sich, dass die Meinungen zum Handyverbot an Schulen geteilt sind. Während Politiker wie Schwarz strengere Maßnahmen befürworten, setzen Lehrerverbände und Medienpädagogen eher auf pädagogische Ansätze und die Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs mit digitalen Medien.

Medienpädagogen warnen einerseits vor den Risiken einer übermäßigen Handynutzung wie Ablenkung und Cybermobbing. Sie betonen jedoch auch, dass ein vollständiges Verbot nicht zielführend sei. Stattdessen plädieren sie für eine sinnvolle Integration digitaler Medien in den Unterricht und die Förderung der Medienkompetenz der Schüler. Ein reines Verbot ohne pädagogische Begleitung wird als wenig effektiv angesehen. Medienkompetenz lasse sich nicht durch Verbote erlernen. Schulen und Eltern müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen, um Kinder und Jugendliche zu begleiten und zu stärken.

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