Bauernkrieg: Vereint im Evangelium

Vor 500 Jahren wurde im Namen Gottes ein kurzer und heftiger Krieg geführt. Ein Auslöser der Bauernkriege war die Fürstenpredigt des Reformators Thomas Müntzer. Mit Leidenschaft und der Bibel wendete er sich dagegen, dass Adel und Klerus die Wahrheit unterdrückten.
Von Johannes Blöcher-Weil
Viele Bauern mussten ihre Forderungen mit dem Leben bezahlen wie hier der Bauernführer Jäcklein Rohrbach

Die Situation in Europa gärte schon lange. Immer wieder war es zu Bauernaufständen in manchen Regionen gekommen. Auf deutschem Gebiet erzürnten ökonomische und religiöse Gründe die Bauern. Die Kämpfe gegen die Obrigkeit kosteten am Ende mehr als 70.000 Menschen ihr Leben.

Der Bauernkrieg war weder eine rein deutsche Angelegenheit noch eine, die sich auf die Bauern beschränkte. Auch die Stadtbevölkerung und Bergleute stellten sich gegen die Obrigkeit. Deswegen sprach der Historiker Peter Blickle später von der „Revolution des gemeinen Mannes“.

Weder Adel noch Klerus waren daran interessiert, dass der Einfluss der Bauern wuchs. Sie trugen aber die Hauptlast, um das bestehende Gesellschaftssystem zu erhalten und zu finanzieren. Zudem waren sie in wirtschaftlicher Not, auch weil viele abhängig von ihren Grundherren waren.

Bauern verteidigten ihr Tun mit Luther

Hinzu kam die Situation in der Kirche. Geistliche führten, finanziert durch den Ablasshandel, ein ausschweifendes Leben. Das prangerte auch der Theologe und Reformator Martin Luther an. Während sich die Bauern bei ihren Aktionen mit Luther rechtfertigten, distanzierte er sich von den gewaltsamen Auseinandersetzungen. Er wollte die Kirche verändern.

Auch die Altgläubigen betrachteten Luther als Hauptverursacher der Krise, wie der Dresdener Historiker Gerd Schwerhoff in seinen neuen Buch zum Bauernkrieg schreibt. Allerdings habe er erst dann klare Worte gefunden, als die Niederlage der Bauern bereits absehbar war. Sein früherer Mitstreiter Thomas Müntzer schreckte nicht davor zurück, die Privilegien von Adel und Klerus mit Gewalt aufzuheben.

Thomas Müntzer hatte vor allem in der DDR eine herausragende Bedeutung (Foto: gemeinfrei) Foto: gemeinfrei
Thomas Müntzer hatte vor allem in der DDR eine herausragende Bedeutung

Der Pfarrer aus Mühlhausen hatte bereits einige liturgische Reformen im Gottesdienst angestoßen. Er sang und predigte weit vor Luther auf Deutsch und wandte sich am Altar der Gemeinde zu. Mit seiner Fürstenpredigt rechtfertigte er auch, gegen Ausbeutung und Leibeigenschaft zu kämpfen.

Sonderrechte von Adel und Klerus hinterfragen

Müntzer münzte Luthers Botschaft aus der Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ auf die Politik. Sollten alle Menschen gleichrangig sein, dürften auch die einfachen Leute die Sonderrechte von Adel und Klerus hinterfragen, die diese mit Gottes Willen begründeten. Seine Ziele musste er im Mai 1525 in einem Massaker mit dem Leben bezahlen.

Bis dahin hatte er die Fürsten massiv kritisiert. Diese mögen Fürsten bleiben, solange sie für den wahren Glauben kämpfen. Ansonsten solle sich das Schwert gegen sie richten. Damit beeinflusste er die Stoßrichtung der Aufstände, die ihre geografischen Schwerpunkte am Oberrhein, in Franken, Württemberg, Oberschwaben, Thüringen, im Rheinland sowie in Tirol hatten, maßgeblich.

Im Juni 1524 kam es zu ersten kleineren Aufständen in Süddeutschland, aber auch in Müntzers Heimat Mühlhausen. Die Bauern schlossen sich in so genannten Haufen zusammen, um ihren Ziele zu verfolgen. Wie sich das Geschehen in den unterschiedlichen Regionen entwickelt, hat Gerd Schwerhoff in seinem neuen Buch „Der Bauernkrieg – Eine wilde Handlung“ eindrücklich beschrieben.

Zwölf Artikel werden zum Grundsatzprogramm der Bewegung

Für die Bauern war es ein Auf und Ab. Einzelnen Siegen und Verhandlungserfolgen standen teils vernichtende Niederlagen gegenüber. Mobilisiert waren die Bauern dabei durch die religiösen und sozialen Botschaften. Mit den in Memmingen verfassten Zwölf Artikeln gab sich die Bewegung auch ein einheitliches und schriftlich formuliertes Programm.

Innerhalb kürzester Zeit wurden die Zwölf Artikel in hohen Auflagen gedruckt und verteilt. Die Bauern forderten darin nicht nur die freie Pfarrerwahl, sondern auch die Abschaffung des Zehnten und die Aufhebung der Leibeigenschaft. Auch die Abgaben an den Grundherrn sollten neu festgesetzt werden.

Im zwölften Artikel erklärten die Bauern die grundsätzliche Bereitschaft, auf alle Forderungen zu verzichten, wenn sie nicht dem Wort Gottes entsprächen. Der Historiker Thomas Kaufmann hat in seinem neuen Werk „Der Bauernkrieg – Ein Medienereignis“ die damalige Kommunikation untersucht . Er misst der Publizistik eine so große Rolle wie kein anderer Historiker zuvor.

Die „Zwölf Artikel“ waren für ihn nicht nur die „wirkungsreichste Publikation der Aufstände“. Sie wurden auch häufiger gedruckt als Luthers bis dato erfolgreichste Schrift „Sermon von Ablass und Gnade“. Allerdings verneint Kaufmann, dass die Bauern insgesamt eine einheitliche Vorstellung ihres Handelns hatten.

Großteil der Publizistik wies den Aufruhr zurück

Auch Gerd Schwerhoff beschreibt prägnant, wie schnell die Zwölf Artikel „fast allgegenwärtig“ waren. Die Täuferbewegung fühlte sich mit den aufständischen Bauern in der Gegnerschaft zum Klerus verbunden. Allerdings lehnte ihre Mehrheit entsprechend ihres Grundsatzprogramms – den Schleitheimer Artikeln – Gewalt als Mittel der Wahl ab.

In der Schlacht bei Frankenhausen im Mai 1525 erlitten die Bauern ihre wohl schwerste Niederlage. Sie zeigte nicht nur die starke Übermacht der Obrigkeit, sondern leitete auch das Ende Müntzers ein, der am 27. Mai enthauptet wurde. Ende 1525 war die Aufstandsbewegung endgültig liquidiert, vielerorts mit einem schrecklichen Blutbad.

Opfer waren vogelfrei

Einzelne Bauernbünde wie der des Tirolers Michael Gaismair hielten sich im Geheimen noch einige Jahre. Zu größeren Aufständen kam es aber nicht mehr. Wer die Aufstände überlebte, verlor alle seine Rechte und Privilegien und war somit vogelfrei. Die Anführer wurden mit dem Tod bestraft. Teilnehmer und Unterstützer der Aufstände mussten die Strafgerichte der Landesherren fürchten.

Nur in wenigen Regionen sorgten die Ereignisse für Verbesserungen. Ganz im Gegenteil: Oft sorgte die Niederlage der Bauern den Grundstein für Vermögenszuwächse der Adeligen. Unter Historikern galt der Bauernkrieg lange als peinlicher Fehltritt der Protestanten, der ihnen von den Katholiken vorgehalten wurde.

Friedrich Engels interpretierte die Ereignisse als „großartigsten Revolutionsversuch des deutschen Volkes“. Müntzer habe es verstanden, die Aufstandsziele am deutlichsten zu benennen. Für Gerd Schwerhoff steht fest, dass insgesamt nur wenig äußere Anstöße notwendig waren, um „den glühenden Funken der Protestbereitschaft zu entzünden“. Bei allen regionalen Unterschiede hätten sie sich in einer Sache verbunden gefühlt. Sie hätten sich auf das Evangelium berufen.

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