Wissing: Von Nächstenliebe geprägtes Menschenbild

Verkehrsminister Volker Wissing will nicht mehr für den Bundestag kandidieren. In der „Zeit“ begründet er sein bisheriges politisches Engagement christlich.
Von Anna Lutz
Volker Wissing

Zuletzt ist Volker Wissing nach dem Bruch der Ampelkoalition aus der FDP ausgetreten, um unter dem Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Verkehrs- und nun auch Justizminister zu sein. Gegenüber der „Zeit“ erklärte er jetzt, dass er bei den Neuwahlen nicht wieder für den Bundestag kandidieren werde.

Er sprach auch darüber, warum er in keine andere Partei als die FDP eintreten würde: „Wenn am Ende nur noch staatsgläubige Parteien im Parlament sind, bleibt die Entscheidungsfreiheit des Individuums auf der Strecke“, sagte er und verteidigte den Liberalismus mit dem christlichen Menschenbild. „Für mich ist das eine tief verwurzelte Überzeugung, die aus dem Protestantismus kommt, aus der Vorstellung von der Freiheit eines Christenmenschen, die eine Befreiung ist vom Alleinvertretungsanspruch anderer. Andere Menschen korrigieren zu wollen, weil man sie wegen ihrer Lebensgewohnheiten, ihrer Sehnsüchte für imperfekt hält, ist für mich eine Grenzüberschreitung“, sagte er, und weiter: „Nächstenliebe heißt, in Demut anzuerkennen, dass der andere in seiner Andersartigkeit genauso gut ist, wie man es für sich selbst beansprucht.“ Für ihn ein durch und durch „christlicher Gedanke“.

„Erst das Land, dann die Partei“

Wissing ist evangelischer Christ und stammt aus einer calvinistisch geprägten Familie. Parallel zu seinem Abitur legte er die C-Prüfung als Kirchenmusiker ab und spielte jahrelang in der protestantischen Pfarrkirche in Heuchelheim-Klingen in Gottesdiensten die Orgel. In einem Interview mit der „Zeit“ erklärte Wissing, dass er den Choral „Jesu, meine Freude“ „wunderschön finde“.

Im jüngsten Interview mit der „Zeit“ begründet er auch über seine Entscheidung, die FDP zu verlassen und Minister zu bleiben: „Bei meiner Entscheidung, das Amt fortzuführen, habe ich mich von dem Grundsatz leiten lassen: Erst das Land, dann die Partei. Ich habe es mir nicht ausgesucht, vor eine solche Wahl gestellt zu werden. Ich habe mich auch nicht von den Grundwerten der FDP distanziert. Nur war es für mich unvereinbar, in dieser Situation weiterhin Mitglied der FDP zu bleiben.“

An der Ampelkoalition kritisiert er, „ab einem gewissen Zeitpunkt“ habe für die Partner „vornehmlich Eigenprofilierung im Vordergrund“ gestanden. „Jeder konnte verfolgen, wer sich daran beteiligt hat, Trennendes zu suchen, Keile zu treiben, Nadelstiche zu setzen. Es ist nicht klug, Dinge, die man gemeinsam auf den Weg gebracht hat, hinterher zu relativieren, sie schlechtzureden und dann auf die eigene Position zurückzufallen – das ist aber permanent passiert“, sagte Wissing. Sein Credo: „Wenn man will, gibt es immer die Möglichkeit, zusammenzufinden.“

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