PRO: Frau Brock, mit 24 Jahren haben Sie einen 31-jährigen Häftling geheiratet. Wie funktioniert eine Hochzeit im Gefängnis?
Rebecca Brock: Es ist eine Menge Papierkram und die Organisation eines Pfarrers oder einer Pfarrerin für die Trauung nötig. Die Trauung dauerte eine Stunde. Sie fand im Besucherraum statt. Die Pastorin hat eine schöne Rede gehalten. Wir haben uns das Eheversprechen gegeben und die Ringe getauscht. Wir durften uns einmal küssen. Als Trauzeuge wurde ein anderer Gefangener eingesetzt. Die Zahl der Gäste bei der Hochzeit musste auf zwei Personen beschränkt werden. Das waren Korys Großmutter und seine Mutter. Kory war zu diesem Zeitpunkt seit elf Jahren im Gefängnis.
Ihr heutiger Mann Kory Brock saß wegen eines Raubüberfalls zwölf Jahre im Gefängnis in Jackson, Mississippi. Wie haben Sie ihn kennengelernt?
Es war während meines Theologiestudiums. Ich sah ein Video auf TikTok. Es ging um eine Website, auf der man Briefe an Gefangene schreiben kann. Das fand ich sehr interessant. Da ich das Mindestalter für die deutsche Seite noch nicht erreicht hatte, habe ich das amerikanische Angebot genutzt. Die größere räumliche Distanz war gut für mich, weil ich Vorurteile hatte, zum Beispiel, dass Häftlinge plötzlich vor der Tür stehen könnten. Ich loggte mich ein und entdeckte Korys Profil. Dort schrieb er, dass Gott in seinem Leben an erster Stelle steht. Ich schrieb ihm einen Brief und fragte ihn, wie er Jesus kennengelernt habe. Er antwortete mir auf vier Seiten und erzählte mir sein ganzes Zeugnis. Von da an haben wir uns immer wieder Briefe geschrieben.
Sie lernten ihn drei Jahre vor seiner Entlassung kennen. Wie kann man eine Liebesbeziehung führen, wenn einer von beiden im Gefängnis sitzt?
Wir durften uns nur zweimal pro Besuch küssen. Auch das Telefonieren war nur in begrenztem Maße möglich und das Ganze kostete eine Menge Geld. Aber wir lernten, damit umzugehen und uns nicht beeinflussen lassen. Schwierig war das Warten. Wir hatten keine Freiheit zu tun, was wir wollten. Wir waren an Regeln gebunden.
Wie habt ihr trotz seiner Haft Vertrauen zueinander aufgebaut?
Durch regelmäßige Kommunikation. Wir konnten uns somit auf einer tieferen Ebene kennenlernen. Das hat geholfen.
Wann kam der Moment, indem Sie sich für eine Heirat mit ihm entschieden haben?
Durch den intensiven Kontakt über Briefe und E-Mails haben wir gemerkt, dass wir uns lieben und viel gemeinsam haben. Wir haben beide viel gebetet und darüber gesprochen, wie wir uns eine Ehe vorstellen. Da sagte Gott zu mir: Rebecca, warum soll ich jemanden nicht segnen können, nur weil er im Gefängnis war? Das hat mich wirklich getroffen. Warum sollte er, Kory, der treu im Gefängnis saß, dort Pastor wurde und die letzten sechs Jahre seiner Haft damit verbrachte, Gottes Wort zu verbreiten, nicht segnen können?
Hat Ihnen eine Beziehung mit ihm keine Angst gemacht?
Ich habe gemerkt, dass ich immer mehr darüber nachdenke, wie es sein wird, wenn er entlassen wird. Das hat mir Angst gemacht. Ich dachte, ich will mich nicht in jemanden verlieben, der noch im Gefängnis sitzt. Aber uns beiden war klar, dass wir Gefühle füreinander haben. Außerdem war es uns wichtig, dass Gott uns auf den Weg der Ehe führt, wenn es sein Wille ist. Und trotzdem habe ich während unserer Liebesgeschichte nie daran gezweifelt, dass das mein Weg ist. Ich war mir sicher. Aber natürlich hatte ich Angst, meine Familie zurückzulassen und auszuwandern.
Kory hat sich im Gefängnis bekehrt und ist Pastor geworden. Wie das?
Über ein Fernstudium.
Nach zwölf Jahren ist Kory im Oktober 2023 aus dem Gefängnis entlassen worden. Sie leben nun gemeinsam in den USA. Wie klappt das Zusammenleben?
Kory war überfordert mit den vielen Möglichkeiten und der Freiheit, die er plötzlich hatte und ich war überfordert mit dem neuen Land und Leben, das ich hatte. Und weil wir da in völlig verschiedenen Situationen waren, war es schwierig damit umzugehen.
Was hat Ihnen geholfen, die von Ihnen genannten Herausforderungen zu bewältigen?
Ein christliches Ehepaar hat uns geholfen, die Herausforderungen zu bewältigen.
Was können andere Menschen aus Korys Geschichte lernen?
Andere können lernen, dass jeder Mensch eine zweite Chance verdient hat. Oder auch, dass es nicht unsere menschliche Aufgabe ist, zu urteilen. Das Urteil fällt Gott. An uns ist es hingegen, zu sagen: Ich will dir so begegnen, wie du heute bist und nicht aufgrund von etwas, das du vor 13 Jahren getan hast.
Sie haben ihre Tochter am Montag zur Welt gebracht. Worauf freuen Sie sich in den nächsten Jahren am meisten?
Ich freue mich auf die Erfahrung, Mutter zu sein und eine Familie zu haben. Zu sehen, wie unsere Tochter aufwächst und was für einen Charakter sie haben wird. Einfach Familie zu leben, Familie zu haben.
Vielen Dank für das Gespräch!