Instagram-Video persifliert Freikirchen

Ein Video der christlichen Influencerin Daniela-Marlin Jakobi hat hohe Wellen geschlagen - mehr, als sie selbst erwartet hatte. In einem Posting auf Instagram nahm sie vermeintlich fundamentalistische Freikirchen aufs Korn.
Von Jörn Schumacher
Daniela-Marlin Jakobi

Die 29-jährige Influencerin Daniela-Marlin Jakobi ist seit vielen Jahren als Bloggerin und Content-Creatorin im Internet aktiv. Mit einem Video, das sie vor kurzem für die Evangelische Landeskirche in Baden (EKIBA) erstellte, sorgte sie für ungewöhnlich viele Reaktionen. Die Meinungen zum Inhalt gehen weit auseinander.

Jakobi persifliert in ihrem 45 Sekunden langen Video eine Christin, die seit kurzem in eine Freikirche geht. Überschrieben ist es mit „POV: Deine Freundin geht jetzt in eine fundamentalistische Freikirche“. Jesus habe sie verändert, sagt Jakobi darin mit einer gekünstelten Stimme. „Die Bücher, die ich weggeworfen habe, die sind satanisch und sind nicht gut für mich.“ Weiter: „Warum ich mich von meinem Freund getrennt habe? Ach, weißt du: Mein zukünftiger Ehemann soll jemand sein, der meiner Unterordnung würdig ist.“ Außerdem böte Yoga „böse Einflüsse“, „aber in der Freikirche gibt’s ganz tolle Wochenend-Angebote“. Das Video endet mit dem Hinweis auf einen „Rechtsruck in Deutschland“: „Ach, Liebes, dieses Land ist so gottlos geworden!“

In einem erklärenden Text schreibt Jakobi zum Video: „Der christliche Fundamentalismus ist eine Form des religiösen Extremismus.“ Viele fundamentalistische (Frei-)Kirchen rühmten sich, besonders „bibeltreu“ zu sein, und erhöben auf ihre Art der Bibelauslegung einen Absolutheitsanspruch. Die Bibel werde hierbei für die fundamentalistische Agenda missbraucht. „Wenn man einmal in den Sog des Fundamentalismus geraten ist und das Weltbild davon bestimmt wird, ist es sehr schwierig, wieder herauszukommen.“

Bloggerin klärt über geistlichen Missbrauch auf

Jakobi schreibt seit 2010 in ihrem Blog „The Fabulous Diary“ und stellt seit 2016 Videos bei Instagram hoch, mittlerweile ist sie selbstständig als Influencerin und Content Creatorin tätig. Die Christin schreibt unter anderem darüber, dass sie früher Teil einer Freikirche gewesen war und dort 2022 geistlichen Missbrauch erlebt habe, was zu „vielen Jahre Depressionen“ geführt habe. Sie bezeichnet sich selbst als „Sektenaussteigerin aus einer fundamentalistischen Freikirche“. Seit Juni 2023 ist Jakobi Teil des Netzwerkes „yeet“, das christliche Creator unterstützt, die ihren Glauben über soziale Medien ins Gespräch bringen.

Das jetzt gemeinsam mit der badischen Landeskirche produzierte Video über Klischees einer fundamentalistischen Christin erhielt mehr als 800 Likes, im Kommentarfeld wird seit der Veröffentlichung heftig kommentiert und diskutiert. Sie stachele Menschen mit dem Sarkasmus im Video zu einer „Gegenwehr“ an, schrieb eine Zuschauerin; ein Zuschauer warf der Badischen Landeskirche vor, „Freikirchen-Bashing“ zu betreiben. „Das Video führt eher zu Vorurteilen und nicht zur Aufklärung“ schrieb eine Zuschauerin. Jemand anderes schrieb, Jesus habe sie tatsächlich verändert, und dafür sei sie dankbar. „Es wäre krass, wenn der Glaube uns nicht verändert.“ Eine Userin warf Jakobi vor, vom Glauben abgefallen zu sein.

Es gab auch Lob, darunter auch von Personen, die sich einer Freikirche zuordnen. Manche fühlten sich erinnert an ihren eigenen geistlichen Missbrauch. Auch um Yoga geht es in vielen Kommentaren.

Jakobi sagte im Interview mit evangelisch.de, sie habe mit einer solchen Welle der Entrüstung zum Video nicht gerechnet. „Ich hätte nie gedacht, dass es Leuten so sauer aufstößt.“ Sie habe niemanden mit dem Video verletzen wollen. Jakobi betont jedoch: „Nichtsdestotrotz hat der Beitrag einen Nerv getroffen – und das ist gut.“ Jakobi warnt, antifeministische und patriarchale Mechanismen würden mit der „Liebe zu Jesus“ legitimiert. Ihr sei aufgefallen, dass einige Kommentatoren sich genau dieser Methoden bedienten.

Der Leiter der Abteilung Kommunikation und Fundraising der EKIBA, André Kendel, sagte, dass das Video sehr ambivalente Reaktionen ausgelöst habe: „Es gab viel Zustimmung und Sympathie – aber auch viel Gegenwind.“ Kendel weiter: „Die Differenzierung zwischen Freikirchen und fundamentalistischen Bewegungen war nicht für jeden klar erkennbar.“ Der Abteilungsleiter sieht auch den Ton des Reels kritisch: „Ironie ist ein Stilmittel, das nicht dazu beiträgt, eine Empörungskultur abzubauen.“ Er betont, dass es für Kirchen stattdessen wichtig sei, mit einer christlichen Stimme zu sprechen.

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