Kommentar

Wenn ein Bischof, ein Fußballer und eine Influencerin über Kirche diskutieren

Die Kirche in Deutschland klagt über Mitgliederschwund. Über Ideen, Kirche wieder attraktiv zu machen, hat in Berlin ein Podium diskutiert. Auch wenn man sich in vielen Punkten einig war, hielt sich der Mehrwert in Grenzen.
Von Martin Schlorke
Podium Arne Friedrich

Was kann die evangelische Kirche unternehmen, um für Menschen attraktiv zu sein? Geht es nach dem ehemaligen Fußball-Profi Arne Friedrich, müsste die Landeskirche mehr Freikirche wagen. Der frühere Verteidiger argumentierte aber keineswegs theologisch. Vielmehr hadere er mit den Gottesdienstformen. In der Kirche gebe es zu viel Hierarchie und Tradition, zu wenig Menschlich- und Herzlichkeit. In seiner Berliner Freikirche oder anderen Freikirchen, die Friedrich in den USA besucht habe, sei dies anders gewesen. Dort habe der Pastor nicht von oben herab gepredigt und sogar Kaffee an die Besucher ausgeschenkt.

Zudem kritisierte der ehemalige Hertha-Spieler, dass es in der Landeskirche zu wenig Gemeinschaft gebe. Dieser Mangel habe ihn total abgestoßen. Wenig angetan zeigte sich Friedrich auch vom „hunderttausend Jahre alten“ Liedgut der Kirchen. Dieses schrecke ihn ebenso ab.

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), Christian Stäblein, saß bei der Diskussion sprichwörtlich zwischen den Stühlen. Zum einen zeigte er bei vielen Punkten von Friedrich Verständnis. Etwa, wenn dieser für mehr Gemeinschaft plädierte. Stäblein verteidigte aber auch seine Kirche, wenn es um einen angeblichen Mangel an innovativen Gottesdienstformen ging oder die Frage, ob Gottesdienste überhaupt in Kirchen stattfinden müssten.

Hat der Sonntagsgottesdienst ausgedient?

Natürlich fehlten auch Fußballmetaphern an dem Abend nicht, etwa wenn Friedrich „dazwischen grätschte“ oder er die Pastoren seiner Freikirchenerfahrungen mit Fußballtrainern verglich. Denn nur wenn ein Trainer (also der Pastor) gut sei, würden auch die Ergebnisse stimmen.

Einigkeit herrschte bei der Auffassung der Digitalpfarrerin Theresa Brückner, dass der klassische Sonntagsgottesdienst an Attraktivität verloren habe. Stäblein stellte infrage, ob es beispielsweise in Berlin im Abstand von zwei Kilometer den gleichen 10 Uhr Sonntagsgottesdienst brauche oder ob man nicht viel „breiter und bunter“ denken müsse. Er beobachte ein „Überangebot gleicher Formate“.

Schöner Abschluss

Ein Eigentor – um im Fußballjargon zu bleiben – leisteten sich Stäblein und Brückner dann auch noch. Das Ziel dürfe nicht sein, den Mitgliederschwund zu stoppen und nur auf die Zahlen zu schauen, erklärten sie. Diese seit Jahren anhaltende Entwicklung lasse sich sowieso nicht stoppen. Aber nur, weil die Mitgliedszahlen sinken, würde die Kirche nicht an Relevanz verlieren. Diese Einschätzung ist nicht neu. Sie wird auch von der früheren EKD-Ratsvorsitzenden Annette Kurschus oder dem Hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung geteilt. Ob sich Mitgliederschwund und Relevanzverlust durch ständiges Wiederholen abfedern lassen, darf jedoch bezweifelt werden.

Bei aller Kritik, die Diskutanten trauten sich, schwierige Themen anzusprechen. Allerdings blieb die Suche nach Lösungen weitgehend ergebnislos. Vor allem die beiden Vertreter der Landeskirchen scheuten nicht den Blick auf die Freikirchen, etwa wenn Brückner feststellte, dass die Sprache in Freikirchen oft besser verständlich sei als die durch das Theologie-Studium geformte Sprache von Pfarrern. O-Ton Brückner: „Man kann auch von Freikirchen lernen.“ Und bei aller Diskussion um verschiedene Gottesdienstformen, das Liedgut und die Herzlichkeit von Pastoren war man sich am Ende einig: Die Botschaft des Evangeliums darf nicht verändert werden. Das ist ja auch schonmal was.

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