Am 19. und 20. Oktober feiert der Deutsche Gemeinschafts-Diakonieverband (DGD) in Marburg sein 125-jähriges Bestehen. Zum diakonisch-missionarischen Werk gehören heute unter dem Motto „…weil Leben mehr ist“ rund 100 Einrichtungen aus Bereichen Bildung, Gesundheit und Pflege, Medien und Mission, Gäste- und Tagungshäusern, Lebensgemeinschaften, Lebensparks, Gemeindearbeit und Dienstleistungen. Seit 2021 wird der DGD vom Vorstandsvorsitzenden Frieder Trommer geleitet und beschäftigt eigenen Angaben zufolge mehr als 5.000 Mitarbeitende.
Derzeit arbeitet der DGD an der Umsetzung eines zukunftsorientierten Konzeptes für die Diakonissen-Mutterhäuser. Bereits 2022 entschied die Mitgliederversammlung, in den Diakonissen-Mutterhäusern sogenannte DGD-„Lebensparks“ zu gründen. Im niedersächsischen Lemförde, Elbingerode im Harz, Marburg, Velbert im Ruhrgebiet, Lachen (Neustadt an der Weinstraße) und im fränkischen Gunzenhausen wandelt der DGD nun die Mutterhäuser sukzessive in sogenannte „Lebensparks“ um. Zur Gemeinschaft der Diakonissen ziehen Paare, Alleinstehende oder Familien. Um die „Lebensparks“ aufzubauen, gehörten am Anfang vor allem aktive Senioren zwischen 60 und 70 Jahren zur Zielgruppe, die „aus unserem Umfeld“ stammen, erklärt Trommer.
» Trommer leitet Diakonieverband
» Sie macht die Bücher, er die Kasse
» Keine botschafterlose Botschaft
Diese innovativen Wohnformen legen besonderen Wert auf die Verbindung von diakonischem Engagement und missionarischem Gedanken und sollen bei stetig schwindender Zahl der Diakonissen die Standorte der Mutterhäuser sichern. Die traditionellen Diakonissen sind ehelos. Doch das Lebensmodell kommt heute für Frauen nur noch selten infrage. Seit Jahrzehnten fehlt Nachwuchs. Von den derzeit 450 Schwestern in den Mutterhäusern des DGD sind nur noch 50 unter 65 Jahre alt. In Marburg fiel 2012 der Entschluss, keine neuen Schwestern mehr aufzunehmen, weil die Altersspanne zu sehr auseinanderdriftete.
Wurzeln des DGD in Ostpreußen
Die Diakonissen-Bewegung nahm in Deutschland im 19. Jahrhundert ihren Anfang. In vielen Städten bildeten sich Diakonissenhäuser. Der DGD hat seine Wurzeln in Ostpreußen. Am 31. Januar 1899, nach einer Gemeinschaftskonferenz in Danzig, beschlossen die Pfarrer Theophil Krawielitzki und Carl Ferdinand Blazejewski die Gründung eines Gemeinschafts-Schwesternhauses. Am 20. Oktober 1899 zogen die ersten vier Frauen in das Pfarrhaus im ostpreußischen Borken ein. Nach dem plötzlichen Tod Blazejewskis im folgenden Jahr siedelte die kleine Gruppe Diakonissen nach Vandsburg über, dem Wohn- und Arbeitsort Krawielitzkis, der im November 1900 die Leitung des Mutterhauses übernahm.
Mit der Gründung weiterer Diakonissen-Mutterhäuser (1908 in Marburg, 1909 in Gunzenhausen, 1921 in Elbingerode) wurden die verschiedenen Werke am 12. Januar 1922 unter dem Namen „Deutscher Gemeinschafts-Diakonieverband“ (DGD) in Marburg rechtlich zusammengefasst. 1923 trat der Verband dem Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband (Gnadauer Verband) bei.
1934 verließ der DGD den Gnadauer Verband, da seine Leitung Adolf Hitler als „Führer und Retter des Vaterlandes“ ansah. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte die Wiederaufnahme in den Gnadauer Verband. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums im März 1999 bekannte sich der DGD zu seiner Schuld während der NS-Zeit.
Der Dienst am Menschen und für Gott erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg einen Boom, als sich allein im DGD mehr als 3.000 Diakonissen um Kranke und Kinder kümmerten, Gäste versorgten, in der Gemeinde wirkten oder als Missionarinnen ins Ausland gingen.
Norbert Schäfer/epd