Vorgeburtlicher Test: Frau mit Down-Syndrom spricht im Gesundheitsausschuss

Seit 2022 werden die vorgeburtlichen Bluttests auf ein Down-Sydrom des Kindes von der Krankenkasse gezahlt. Der Einsatz ist ethisch umstritten, weil man dadurch mehr Abtreibungen befürchtet. Experten befürworten nun die Überprüfung des Einsatzes.
Von PRO
Ein Bluttest kann erkennen, ob bei ungeborenen Kindern ein Down-Syndrom vorliegt

Der Gesundheitsausschuss des Bundestags hat sich am Mittwoch in Berlin mit einer fraktionsübergreifenden Initiative aus dem Bundestag zu vorgeburtlichen Tests auf eine Behinderung des Kindes beschäftigt. Die meisten Sachverständigen begrüßten den Antrag der Bundestagsabgeordneten, den zunehmenden Einsatz der Tests und die Auswirkungen nachzuverfolgen. Nach dem Willen der Abgeordneten soll ein Expertengremium die Ergebnisse auswerten und einen Bericht an den Bundestag verfassen.

Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses im Gesundheitswesen, Josef Hecken, begrüßte den Vorstoß aus dem Bundestag ausdrücklich. Hecken erklärte, es gehe um ethische Grundfragen, zu denen sich der Bundestag verhalten müsse. Er habe das jahrelang angemahnt, da der Bundesausschuss selbst keine ethischen Wertentscheidungen treffen könne, sagte Hecken. Es zeichne sich eine Entwicklung ab, die die Politik und auch der Bundesausschuss nicht gewollt hätten: „Wir wollten keinen Massentest“, sagte er.

„Finde das gar nicht gut“

Im Rahmen der Expertenbefragung war auch die Schauspielerin und Aktivistin Carina Kühne, die selbst das Down-Syndrom hat, in der Ausschusssitzung. Auf die Frage des CDU-Abgeordneten Hubert Hüppe, was sie zu Pränataltests als Kassenleistung denkt, antwortete sie: „Ich finde das gar nicht gut.“ Sie habe das Gefühl, dass diese vorgeburtlichen Tests den Eindruck vermittelten, Menschen wie sie seien nicht gewollt. Zudem mache sie es traurig, dass die meisten Föten nach einem entsprechenden Ergebnis abgetrieben werden. Weiterhin bemängelte Kühne die Zuverlässigkeit des Tests. Zwar könne sie verstehen, wenn Frauen grundsätzlich abtreiben wollen, wenn sie keinen Kinderwunsch haben, aber sie verstehe nicht, „was eigentlich so schlimm an uns ist“.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Krankenhäusern, Ärzten und Krankenkassen ist das zentrale Gremium in der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens. Er steuert die Versorgung, indem er über die Kassenleistungen beschließt. Seit Juli 2022 werden von den Kassen nicht-invasive Pränataltests (NIPT) bezahlt, mit denen Trisomien festgestellt werden können, etwa das Down-Syndrom. Die Bluttests werden seit Jahren angeboten, mussten aber bis 2022 selbst bezahlt werden. Sie sind eine Alternative zu den sogenannten invasiven Testungen durch Fruchtwasseruntersuchungen oder die Messung der Nackenfalten des Ungeborenen, die in bis zu vier von 1.000 Fällen zu Fehlgeburten führen können.

121 Abgeordnete aus SPD, Union, Grünen, FDP und der Gruppe der Linken haben den gemeinsamen Antrag auf eine Überprüfung der Kassenzulassung für die Pränatal-Tests im April in den Bundestag eingebracht. Nach Angaben der fraktionsübergreifenden Gruppe werden die Tests inzwischen bei mehr als einem Drittel der Schwangeren gemacht, obwohl sie nur bei entsprechenden Risiken im Rahmen ärztlicher Beratung eingesetzt werden sollen.

Test bei fast jeder zweiten Schwangerschaft

Die Verbände von Menschen mit Behinderungen sehen sich in ihren Befürchtungen bestätigt. Die Bundesgeschäftsführerin der Lebenshilfe, Jeanne Nicklas-Faust, geht davon aus, dass die Tests inzwischen bei 40 Prozent der Schwangerschaften eingesetzt werden. Sie kämen damit einer „Reihenuntersuchung“ gleich, erklärte sie. Dies sei politisch nicht gewollt. Vielmehr sei es darum gegangen, die Tests für alle zugänglich zu machen, nicht nur für Selbstzahler. Die häufige Anwendung könne dazu führen, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für Menschen mit einer Behinderung sinke, warnte Nicklas-Faust.

Der Verband der Frauenärzte erklärte, ein Zusammenhang zwischen dem Einsatz der Bluttests und der Zahl der Spätabtreibungen sei aus den vorliegenden Daten nicht herzustellen. Er betonte, die Ärzte nähmen keinen Einfluss auf die Frauen. Es sei allein Sache der Schwangeren zu entscheiden, ob sie den Test wolle oder nicht. Offen blieb die Frage, ob die Zahl der Abtreibungen im frühen Stadium der Schwangerschaft wegen der häufigeren Testungen gestiegen ist. Das Bundesgesundheitsministerium hatte dazu bis Ende 2023 noch keine Erkenntnisse, wie aus der Antwort auf eine Anfrage der Unions-Fraktion hervorgeht. Auch aus der Pränatalmedizin gibt es dazu bisher keine Zahlen.

Von: epd/Martin Schlorke

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