Deutscher Presserat spricht 20 Rügen aus

Der Deutsche Presserat hat 20 Rügen und 19 Missbilligungen gegen Medienberichterstattungen ausgesprochen. Unter anderem wurden Berichte zum Messerangriff in Mannheim moniert.
Von Norbert Schäfer
Zeitungen als Informationsquelle nutzt vor allem die ältere Generation

Der Deutsche Presserat hat auf seiner Sitzung vor dem vergangenen Wochenende insgesamt 20 Rügen ausgesprochen und 19 Missbilligungen sowie 20 Hinweise erteilt. Gleich mehrere Medien wurden für ihre Berichterstattung zum Messerangriff in Mannheim gerügt.

Laut einer Pressemitteilung vom Freitag wurde das Portal „schwaebische.de“ für die Veröffentlichung eines Videos gerügt, das den vollständigen Tathergang der Bluttat in Mannheim zeigt. „Zu sehen war auch, wie der Angreifer dem Polizisten, der später an seinen Verletzungen starb, rücklings ein Messer in den Hals rammt“, teilte der Presserat mit. Diese Darstellung sei nicht mehr vom öffentlichen Interesse gedeckt gewesen, sondern habe Sensationsinteressen nach Ziffer 11 des Pressekodex bedient, hieß es.

Ende Mai hatte ein 25-jähriger Afghane auf dem Marktplatz der Stadt mehrere Menschen mit einem Messer angegriffen. Ein 29-jähriger Polizeibeamter hatte beim Eingreifen Stiche im Bereich des Kopfes erlitten und war zwei Tage später im Krankenhaus an den Verletzungen erlegen.

„bild.de“ kassiert sechs Rügen

Standbilder von dem Messer-Angriff auf den Beamten in Mannheim hatten auch das Portal „bz-berlin.de“ und „bild.de“ veröffentlicht. Dafür wurden sie vom Presserat ebenfalls aufgrund übertrieben sensationeller Darstellung nach Ziffer 11 des Pressekodex gerügt. Der Presserat erkannte in den Darstellungen des Angriffes beider Portale zudem die Verletzung der Würde des Opfers nach Ziffer 1 des Pressekodex. Dort heisst es: „Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.“

Insgesamt rügte der Presserat „bild.de“ in sechs Fällen. Neben der übertrieben sensationellen und die Würde des Opfers missachtenden Berichterstattung handelte sich „bild.de“ noch Rügen wegen brisanter Behauptungen (Ziffer 2 des Pressekodex), mangelndem Schutz der Persönlichkeit (Ziffer 8 und die Richtlinien 8.1 und 8.2 des Pressekodex) und mangelnder Unschuldsvermutung (Ziffer 13 des Pressekodex) ein.

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Bei der Süddeutschen Zeitung rügte der Presserat einen Verstoß gegen das Gebot der Trennung von Werbung und Redaktion (Ziffer 7 des Pressekodex). Der Verlag hatte demnach nicht-redaktionelle Inhalte nicht eindeutig als solche gekennzeichnet.

Einen „schweren Verstoß gegen den Pressekodex“ erkannte der Presserat in einem Produkttest auf „welt.de“. Der Beitrag habe trotz der Nennung eines Kooperationspartners eine weitgehend redaktionelle Anmutung gehabt und erst am Ende des umfangreichen Artikels sei ein Hinweis darauf erfolgt, „dass die Inhalte der Seite von dem Kooperationspartner bereitgestellt seien und keine redaktionelle Prüfung erfolgt sei“. Der Beschwerdeausschuss sah darin einen Verstoß gegen die in Ziffer 7 des Pressekodex geforderte klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken.

Laut Presserats-Information wurden 47 Beschwerden als unbegründet erachtet, eine Beschwerde war begründet, es wurde aber aus nicht näher bezeichneten Gründen vom Presserat auf eine Maßnahme verzichtet. Der Pressemitteilung zufolge hat der Presserat insgesamt 123 Beschwerden in seiner letzten Sitzung verhandelt. Bei 16 Beschwerden handelte es sich um Einsprüche und Wiederaufnahmen.

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