Wie viel Bücher kann man schreiben, bis eine Geschichte auserzählt ist? Zwei, drei oder vielleicht nur eines? Im Falle des Hamburger Pastors Jonas Goebel ist dieser Zeitpunkt bei Buch drei jedenfalls noch nicht ansatzweise erreicht. Mit „Jesus, der Hund muss raus“, findet die Geschichte von der ungleichen Vierer-WG, bestehend aus Jonas, seiner Freundin Trixi, dem Reformator Martin Luther und dem Gottessohn, Jesus Christus, seine gelungene Fortsetzung. Wie auch bei den vorherigen Teilen gilt: Was zunächst abgedroschen klingt, entpuppt sich viel mehr als eine kurzweilige und voller positiver Überraschung steckende Erzählung.
Anders als im zweiten Teil befinden sich die Protagonisten nicht auf einer Interrail-Reise quer durch Europa, sondern wieder in der Hamburger-WG. Während Jonas und Trixi ihre Hochzeit planen, versucht sich der Reformator weiterhin an einer neuen – zur Überraschung aller – gegenderten Bibelübersetzung. Jesus arbeitet derweil weiter an einem neuen Evangelium – speziell an neuen Ich-bin-Worten Zur Auswahl stehen zum Beispiel „Ich bin kein Navi für eure Lebensentscheidungen“ oder „Ich bin deine Fehler“.
Auf erfrischende Weise schafft es Goebel, mit seinem Jesus zum Teil schwierige theologische Fragen zu klären –oder besser: Er zeigt bereichernde Sichtweisen auf, ohne die eine Lösung zu präsentieren. Etwa, wenn die Kirchentagsfrage im Raum steht, ob Gott queer ist. Positiv ist, dass Goebel nicht krampfhaft versucht, Jesus die „richtigen“ Antworten in den Mund zu legen. Es gibt Fragen, die bleiben schlicht unbeantwortet – und das ist gut so.
Ein Verbesserungsvorschlag
Generell scheint es, als habe Jesus vor allem Verständnis für die Probleme und Fragen der Menschen. Jesus nimmt sich Zeit für den atheistischen Saunagast, verurteilt das Paar nicht, dass laut über Abtreibung nachdenkt (Spoiler: Er ist trotzdem froh, als sie sich gegen die Abtreibung und „für das Leben“ entscheiden) und spricht sich für einen liebevolleren Umgang mit AfD’lern aus. Denn „im Reich Gottes ist kein Platz für Hass und Hetze. In keine Richtung.“
Die Diskussionen, die Goebel seine Protagonisten führen lässt, sind so realitätsnah und lebendig, dass man sich an manchen Stellen die Teilnahme von mehr realen Personen wünscht oder zumindest einige Gastauftritte – beispielsweise, wenn Luther mit Jesus über den Mitgliederschwund der Kirchen spricht. Wie würde es etwa aussehen, wenn der sächsische Pfarrer Justus Geilhufe („Die atheistische Gesellschaft uns ihre Kirche“) dem Gespräch beiwohnen würde. Oder einer der EKD-Oberen?
Jonas Goebel ist Pastor der Auferstehungskirchengemeinde Hamburg-Lohbrügge. Er hat schon mehrfach mit außergewöhnlichen Ideen für Aufsehen gesorgt. Bereits zweimal hat er auf der Plattform Ebay ein Predigtthema für mehrere Hundert Euro versteigert.
Jonas Goebel: „Jesus, der Hund muss raus! Meine schräge WG bekommt Zuwachs.“ Herder, 176 Seiten, ISBN 9 978-3-451-39747-9