Der Vorwurf ist hart: „Das IOC verrät seine eigenen Werte.“ John Eibner, Präsident der christlichen Menschenrechtsorganisation Christian Solidarity International (CSI), wünscht sich vom IOC eine konsequente Haltung zu Aserbaidschan und der Situation in Bergkarabach. Aus seiner Sicht hätte das IOC das Land von den Olympischen Spielen ausschließen müssen.
Im September 2023 hatte Aserbaidschan nach neunmonatiger Belagerung die Region Bergkarabach ethnisch säubern lassen: „Die Menschen dort wurden systematisch ausgehungert und es durften nur noch medizinische Notfälle behandelt werden“, erklärt CSI-Sprecher Rolf Höneisen im Gespräch mit PRO.
Die Offensive zu verantworten hat Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew, gleichzeitig Vorsitzender des Nationalen Olympischen Komitees: „Dass diese Ämterdoppelung eigentlich nicht möglich ist, haben wir schon häufig angeprangert“, erklärt Höneisen. Um auf die Situation in Aserbaidschan aufmerksam zu machen und einen Ausschluss des Landes zu erreichen, hatte CSI im Juni 2024 die Kampagne #BanAzerbaijan gestartet.
„IOC verletzt seine politische Neutralität“
Obwohl das IOC öffentlich damit werbe, die Menschenrechte mit Sport zu fördern, habe es im Fall von Bergkarabach nichts unternommen. Während russische und belarussische Athleten nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen durften, sei das IOC bei Aserbaidschan nicht eingeschritten. CSI-Präsident Eibner wirft in einem Brief an IOC-Präsident Thomas Bach diesem Untätigkeit vor.
Anstatt sich mit den christlichen armenischen Opfern und den Geiseln, die derzeit vom Alijew-Regime gefangen gehalten werden, in der Region zu solidarisieren, leiste das IOC den Tätern politische Unterstützung. IOC-Direktor James MacLeod habe sich sogar bei Aserbaidschan für einen Vorfall entschuldigt, der sich während der Eröffnungsfeier abgespielt hat.
Ein Fernsehkommentator des Senders France 2 hatte während der Eröffnungsfeier auf den „Sturz von Berg-Karabach durch die aserbaidschanische Armee“ aufmerksam gemacht. Das IOC hatte dem Land zugesichert, künftige Bezugnahmen mit ähnlichen Begriffen zu vermeiden. Mit solchen Aussagen vertusche das IOC die Gräueltaten des Alijew-Regimes in Bergkarabach. Für Eibner sind dies „beschämende Hinweise auf die wahren Prioritäten des IOC“.
Für die Freilassung der Geiseln kämpfen
„Hier wird etwas zugedeckt, was offen gesagt werden muss“, erklärt Höneisen gegenüber PRO. Das CSI werde weiterhin dafür kämpfen, dass die Verantwortlichen für die ethnische Säuberung zur Rechenschaft gezogen werden und die vertriebenen Armenier in ihre Heimat zurückkehren können: „Auch wenn es ein Kampf gegen Windmühlen ist.“
Außerdem fordert das CSI die Freilassung aller armenischen Geiseln, die in Aserbaidschan festgehalten werden. „Die armenische christliche Gesellschaft kann sich ein Leben unter der Herrschaft der Aserbaidschaner nicht vorstellen“, betont Höneisen. Christian Solidarity International (CSI) ist eine Menschenrechtsorganisation für Religionsfreiheit und Menschenwürde mit Sitz in Binz bei Maur, Kanton Zürich.