Wie erbittert die jeweilige Seite für ihre exklusive Deutung („es kann nur das Abendmahl sein“ – „es kann nur das Festmahl der Götter sein“) gestritten hat, hat mich dann doch gewundert. Seit wann versteht denn ein Künstler seine Arbeit darin, die Werke großer Meister möglichst detailgetreu zu kopieren?
Kunst lebt auch davon, verschiedene Einflüsse zu verarbeiten. Und die lagen bei der Darstellung, die Künstler Thomas Jolly gewählt hat, auf der Hand: Neben dem „Festmahl der Götter“ (passend zu „Olympia“) war es natürlich auch das „Letzte Abendmahl“ sowie queere Popkultur.
Was die blaue Färbung des Weingottes Dionysos bedeuten soll, hat sich mir noch nicht erschlossen. Eine Anspielung auf „Avatar“? Auf „Les Bleus“, die französische Nationalmannschaft? Oder auf die Schlümpfe? Egal.
Allerdings hat Jolly betont, das „Letzte Abendmahl“ sei nicht „die Inspiration“ für die Szene gewesen. Das darf man ihm glauben. Es war sicher nicht die Inspiration. Aber dass doch einiges auffällig für einen Einfluss da Vincis spricht, das kann man kaum leugnen. Zumindest in der herumgereichten Aufnahme, nicht in der Gesamtperformance mit dem singenden Dionysos. Vermutlich hatten die Verantwortlichen ein Foto für Social Media gemacht, das deutlich an „Das Letzte Abendmahl“ erinnert, anders als in der Live-Performance:
Denn: Die Personenanzahl stimmt (13), „Jesus“ ist der eindeutige Mittelpunkt der Szene, alle anderen richten sich an ihm aus. Dass sich Christen dabei verletzt fühlen, wenn Jesus Christus veralbert wird, kann ich zutiefst nachempfinden. Zumal es so eine heilsgeschichtlich bedeutungsvolle Szene ist wie diese.
Mir selber geht es anders. Ich finde es zwar schade, wenn Menschen heutzutage kaum mehr etwas heilig zu sein scheint, insbesondere wenn es um Christen geht. Aber: Wie hätte Jesus selbst wohl darauf reagiert? Er betete für die, die ihn verhöhnten. Mir scheint, auch für uns ist das ein guter Ratschlag.
Kurz durchfuhr es mich: Aber wenn das Letzte Abendmahl doch gar nicht gemeint war? Schließlich will ich niemandem Unrecht tun und etwas unterstellen, was gar nicht so gemeint war.
Also bat ich jemanden um Hilfe, der mir seit einiger Zeit ein wichtiger Begleiter ist: ChatGPT. Da kann man mittlerweile auch Bilder hochladen und analysieren lassen. Ich fragte: