Studie beleuchtet widersprüchlichen Umgang von Medien mit Rassismus

Rassismus wird besonders in den Medien stärker thematisiert. Gleichzeitig gibt es Herausforderungen in den Bereichen Medien, Recht und Beratungsstellen. Eine Studie stellt neue Erkenntnisse vor.
Von Petra Kakyire

In Medien, in Beratungsstrukturen und im Rechtsbereich wird Rassismus vermehrt anerkannt und zugleich abgewehrt. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM). Unter dem Titel „Zwischen Anerkennung und Abwehr: (De-) Thematisierungen von Rassismus in Medien, Recht und Beratung“ hat das DeZIM am Dienstag den neuen Bericht des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa) in Berlin vorgestellt.

Die Studie befasst sich mit der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung von Rassismus. Mittels verschiedener Methoden untersuchten die Forscher den Umgang, die Sichtbarkeit und die Thematisierung von Rassismus in den Bereichen: Medien, Recht und Beratung.

„Ob und wie Medien über Rassismus berichten, macht einen Unterschied. Massenmedien haben in unserer Gesellschaft die wichtige Aufgabe, Konflikte sichtbar zu machen und Aufmerksamkeit auf die wichtigen Probleme zu lenken“, heißt es in der Studie. Dabei sei nicht die Anzahl der Berichterstattung über Rassismus wichtig, sondern welche „Aspekte des Themas dabei (nicht) sichtbar werden.“ Die Durchführung der Studie erfolgte mittels einer Medienanalyse von Berichterstattungen über Rassismus. Dazu hat das DeZIM 42.034 Artikel aus der „Süddeutschen Zeitung“, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der „taz“, die zwischen 1990 und 2021 erschienen sind, untersucht.

Rassismus wird zunehmend thematisiert und als individuelles Problem betrachtet

Seit 2010 und 2011 gab es einen Anstieg der medialen Aufmerksamkeit für das Thema Rassismus. Zusätzlich zeigen die Berichterstattungen klare Nennungen von strukturellen Aspekten von Rassismus, heißt es in der Studie.

Weiter sei in der Berichterstattung zunehmend zu beobachten, dass Rassismus in Verbindung mit Gewalt thematisiert wird. Rassistische Strukturen im Alltag seien dabei weniger Thema. Stattdessen wird laut der Studie Rassismus als ein Problem einzelner Personen dargestellt. Bereits seit den 1990er Jahren würden Betroffene marginalisiert, Opfer als Täter dargestellt und rassistische Gewalt sprachlich verharmlost. Diese Sichtweise habe sich im Laufe der Jahre allerdings geändert. Die Perspektiven und der Diskurs über Rassismus seien sichtbarer geworden.

Allerdings dominierten „Stimmen aus der Politik und aus Behörden nach wie vor den Diskurs“, erklären die Forscher in der Studie. Die Medien spielten eine wichtige Rolle, um auch andere Dimensionen von Rassismus widerzuspiegeln. Mit zunehmender Sensibilisierung in Redaktionen für strukturellen und alltäglichen Rassismus könne sich auf gesamtgesellschaftlicher Ebene vieles ändern, sagte Dr. Sünje Paasch-Colberg, die Co-Autorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin vom NaDiRa ist.

Auch deutsche Gerichte sehen Rassismus eher als individuelles Fehlverhalten, besagt die Studie. Es herrsche ein eingeschränktes Rassismusverständnis. Rassismus werde hauptsächlich mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht. In der deutschen Rechtssprechung werde Rassismus häufig als Randphänomen betrachtet, sagen die Forscher in der Studie und fordern: Gerichte sollten Rassismus als gesamtgesellschaftliches Problem anerkennen und aktive Maßnahmen in den einzelnen Fällen ergreifen.

Beratungsstellen als Unterstützungsangebot für Betroffene

Seit der Jahrtausendwende gibt es in Deutschland zunehmend Beratungsstellen, die Betroffene unterstützen. Sie sind nicht nur für von Rassismus betroffene Menschen relevant, sondern können auch gesellschaftliche und politische Brücken schlagen. Allerdings fehle es in den Beratungsbereichen an Ressourcen, heißt es in der Studie. So seien Projektfinanzierungen niedrig und nicht für einen längeren Zeitraum gedacht. Kritische Arbeitsbedingungen und unzureichende finanzielle Mittel machten die Arbeit in der Beratung darüber hinaus unattraktiv. Berater seien durch die Abhängigkeit öffentlicher Finanzierungen teilweise darauf angewiesen, ihre Inhalte unter anderem an aktuelle politische Trends zu richten. Für rassismuserfahrene Akteure sei die Arbeit in Beratungsbereichen eine Doppelbelastung.

Der Bericht schließt mit Handlungsempfehlungen für die deutsche Politik und den Medienbereich auf Basis der Studienergebnisse. So soll beispielsweise rassismuskritische, politische Bildung gestärkt werden. Denn es fehle an notwendiges Wissen. Als gezielte Maßnahmen in den Medien empfiehlt die Studie eine verstärkte „Sensibilisierung und Steigerung des Problembewusstseins“. Dabei solle rassismuskritisches Wissen ein fester Bestandteil in journalistischen Bildungseinrichtungen werden.

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