Der „Wolfsgruß“ richtet sich auch gegen Christen

Der türkische Fußballnationalspieler Merih Demiral hat beim Spiel gegen Österreich die eigenen Fans mit dem „Wolfsgruß“ gegrüßt. Dieser richtet sich auch gegen Juden und Christen.
Von Martin Schlorke
Merih Demiral

Es ist nicht die erste nationalistische Geste der diesjährigen Europameisterschaft – doch sie schlägt bisher die höchsten Wellen. Beim Achtelfinalspiel der Türkei gegen Österreich grüßte der türkische Nationalspieler Merih Demiral die eigenen Fans mit dem sogenannten „Wolfsgruß“.

Beim Wolfsgruß zeigen Zeigefinger und kleiner Finger nach oben, Mittel- und Ringfinger werden auf den Daumen gedrückt. Die Geste ist in Deutschland eher als der „Schweigefuchs“ bekannt. Doch in der Türkei wird sie als Erkennungssymbol für die rechtsextremen „Grauen Wölfe“ verwendet.

„Graue Wölfe“

Die „Grauen Wölfe“ sind eine umgangssprachliche Beschreibung der Ülkücüs-Bewegung. Dabei handelt es sich um eine Sammelbewegung türkischer Ultranationalisten und Rechtsextremisten. Die Bewegung entstand in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Der „Wolfsgruß“ spielt aufgrund der Gründungsmythologie der türkischen Völker eine wichtige Rolle. Demnach hat ein grauer Wolf die Vorfahren der türkischen Völker vor Feinden gerettet und ist daher als Machtsymbol zu verstehen.

Anders als in vielen Ländern der Europäischen Union sind in Deutschland weder der „Wolfsgruß“, noch die „Grauen Wölfe“ verboten. Aktuell beobachtet der Verfassungsschutz die Bewegung nur. Die Behörde rechnet rund 12.000 Menschen in Deutschland den „Grauen Wölfen“ zu. Damit sind die „Grauen Wölfe“ die größte rechtsextreme Bewegung in Deutschland. Die Mehrheit der Anhänger ist in Vereinen organisiert.

In einem Bericht des Verfassungsschutzes heißt es, dass „übersteigerter Nationalismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Rassismus und Antisemitismus“ Kernelemente dieser Bewegung seien. Dabei sei Antisemitismus „eines der prägendsten Elemente“ dieser Ideologie. Feindbilder der türkischen Rechtsextremisten sind neben Kurden und Armeniern vor allem Juden und Israelis, aber auch Christen. Das Hilfswerk „Open Doors“ listet die Türkei auf Platz 50 des Weltverfolgungsindex. Als Hauptgrund für Verfolgung wird der „fanatische Nationalismus“ genannt. Damit einher geht die Annahme, dass ein „wahrer Türke“ Muslim sein muss.  

Vor allem nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober zeigte sich die „Grauen Wölfe“ auf pro-palästinensischen Demos sehr präsent, begrüßten den Angriff und riefen zum Boykott israelischer Produkte auf.

Politik fordert Konsequenzen nach „Wolfsgruß“

Dass die „Grauen Wölfe“ keine harmlose Bewegung ist, zeigen viele Gewalttaten und Morde in der Vergangenheit. Laut Verfassungsschutz ist das Ziel der Rechtsextremisten einen homogenen Staat aller Turkvölker unter türkischer Führung zu errichten. Ein solcher Staat würde vom Balkan bis nach Westchina reichen.

Nach dem Vorfall beim EM-Spiel gegen Österreich fordert nun auch die deutsche Politik ein Verbot der „Grauen Wölfe“ und des „Wolfsgruß“. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sagte, die Botschaft des „Wolfsgruß“ sei rechtsextrem und stehe für Terror und Faschismus. Auch die CDU und die Linke sprechen sich für ein Verbot aus. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kritisierte den „Wolfsgruß“ und verwies auf den Beobachtungsstatus durch die Sicherheitsbehörden.

Das türkische Außenministerium wiederum nahm Demiral in Schutz und bezeichnete die Reaktion der deutschen Behörden als „fremdenfeindlich“. Als Reaktion wurde der deutsche Botschafter einbestellt.

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