Das Internet hat in Deutschland dem linearen Fernsehen als wichtigste Nachrichtenquelle den Rang abgelaufen. Das geht aus dem „Reuters Institute Digital News Report 2024“ hervor, einer vergleichenden Studie zur Nachrichtennutzung in Deutschland und international.
In der am Montag veröffentlichten deutschen Teilstudie des Leibniz-Instituts für Medienforschung gaben 42 Prozent der Befragten ab 18 Jahren an, dass das Internet ihre Hauptnachrichtenquelle ist. Für 41 Prozent der Befragten in dieser Altersgruppe ist nach wie vor das lineare Fernsehen die Hauptnachrichtenquelle.
Etwa jeder siebte (15 Prozent der Befragten) informiert sich über die Nachrichten hauptsächlich über soziale Medien, in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen tut das jeder Dritte (35 Prozent). Für 16 Prozent der jungen Menschen in dem Alter sind soziale Medien die einzige Nachrichtenquelle.
67 Prozent der erwachsenen Internetnutzer in Deutschland informieren sich mindestens einmal pro Woche über digitale Nachrichtenangebote auf den Websites oder Apps von Nachrichtenanbietern oder in sozialen Medien. Laut der Studie wird die Online-Nachrichtennutzung weiterhin von traditionellen Anbietern aus TV, Radio und Print dominiert: 45 Prozent lesen, schauen oder hören regelmäßig die Inhalte etablierter Nachrichtenanbieter im Internet; bei den 18- bis 24-Jährigen sind es 47 Prozent.
Im Vergleich einzelner Online-Quellen liegen jedoch soziale Medien mit einer wöchentlichen Reichweite von 34 Prozent vorn. Im Alter unter 35 Jahren kommt jede zweite Person auf Social Media mit Nachrichteninhalten in Kontakt.
Wachsende Bedeutung von Online-Nachrichtenvideos
Die Studie stellt eine wachsende Bedeutung von Online-Videos für die Verbreitung und Nutzung von Nachrichten fest. Knapp die Hälfte der erwachsenen Internetnutzer in Deutschland (49 Prozent) sieht sich mindestens einmal pro Woche ein kurzes Online-Nachrichtenvideo (wenige Minuten oder kürzer) an. Längere Nachrichtenvideos im Internet werden demnach von rund einem Drittel (34 Prozent) regelmäßig genutzt.
Für etwa jeden Vierten (26 Prozent) der Nutzer von Online-Nachrichtenvideos ist die Plattform eines Nachrichtenanbieters der meistverwendete Kanal, um Online-Nachrichtenvideos anzuschauen. Knapp dahinter liegt YouTube mit 23 Prozent. Die 18- bis 24-Jährigen konsumieren Online-Nachrichtenvideos hauptsächlich auf den Plattformen YouTube, Instagram und TikTok, die ihren Fokus auf Bewegtbild legen: 27 Prozent der 18- bis 24-Jährigen kommen regelmäßig mit Nachrichteninhalten auf Instagram in Kontakt, gefolgt von YouTube mit 24 Prozent und TikTok mit 13 Prozent.
Zwei Drittel der befragten Internetnutzer erwarten von Nachrichtenmedien verschiedene Perspektiven zu aktuellen Themen, doch weniger als die Hälfe der Befragten (43 Prozent) sehen diese Aufgabe gut erfüllt. Trotz der zunehmenden Nutzung von Nachrichten in sozialen Medien wird diesen tendenziell mit Skepsis begegnet. 41 Prozent der Nutzer von TikTok haben Schwierigkeiten, dort zwischen vertrauenswürdigen und nicht vertrauenswürdigen Nachrichten zu unterscheiden. Ebenfalls eher misstraut wird Nachrichten, die auf der Plattform X (ehemals Twitter) verbreitet werden. Der Bericht weist auch auf Skepsis gegenüber der Verwendung künstlicher Intelligenz im Journalismus hin, wobei lediglich ein Drittel der Befragten sich mit KI-gestützten Nachrichten wohlfühlt.
Glaubwürdigkeit durch Transparenz und journalistische Standards
43 Prozent der erwachsenen Internetnutzer in Deutschland sind der Ansicht, man könne dem Großteil der Nachrichten in der Regel vertrauen. Das sind genauso viele Befragte wie im Vorjahr, allerdings handelte es sich hierbei um den niedrigsten Wert, seit die Frage 2015 erstmals in den Reuters Institute Digital News Survey aufgenommen wurde.
Das Vertrauen in die Nachrichten, die die Befragten selbst nutzen, ist mit 53 Prozent ebenfalls stabil geblieben. Erneut sind die beiden TV-Hauptnachrichten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Angebote mit den höchsten Vertrauenswerten. Dicht dahinter liegen regionale und lokale Tageszeitungen.
Erstmals wurde in der Studie untersucht, woran die Menschen ihr Vertrauen in Nachrichtenmedien festmachen. Besonders wichtig war den Befragten, dass die Medien transparent kommunizieren, wie Nachrichten entstehen. 74 Prozent bewerten diesen Aspekt als eher oder sehr wichtig. Auch als wichtig eingeschätzt werden hohe journalistische Standards (72 Prozent), eine unvoreingenommene Berichterstattung (65 Prozent) und eine faire Repräsentation von „Menschen wie mich“ (65 Prozent). Ob Nachrichtenmedien auf eine langjährige Geschichte zurückblicken können oder ob sie zu negativ sind, ist bei der Frage nach dem Vertrauen weniger bedeutsam.
Seit 2012 untersucht der „Reuters Institute Digital News Survey“ jährlich über Repräsentativbefragungen generelle Trends und nationale Besonderheiten der Nachrichtennutzung. Pro Land wurden 2024 rund 2.000 Personen befragt. Insgesamt basiert die Studie auf den Antworten von fast 100.000 Befragten aus 47 Ländern auf sechs Kontinenten. In Deutschland wurden die Daten zwischen dem 10. und dem 28. Januar 2024 vom Umfrageinstitut YouGov auf der Basis von Online-Access-Panels durchgeführt. Die Stichprobe ist für Internetnutzer ab 18 Jahren repräsentativ.