Es waren Bilder aus Hamburg, die jenen vom November 2023 gleichen. Damals marschierten rund 3.000 Demonstranten in Essen auf, forderten ein Kalifat und hetzten gegen Israel. Nun also die gleichen Forderungen von 1.100 Demonstranten ein halbes Jahr später in der Elbmetropole.
Wer sind die Veranstalter?
Genauso wie in Essen steckt die 2020 gegründete Gruppierung „Muslim Interaktiv“ („MI“) hinter der Demonstration. Deutsche Sicherheitsbehörden rechnen sie dem ideologischen Umfeld der international agierenden, islamistischen „Hizb ut-Tahrir“ zu. Die Gruppierung ist aus der Muslimbruderschaft hervorgegangen, die bereits seit 2003 in Deutschland verboten ist.
Was sind die Ziele von „Muslim Interaktiv“?
Neben der Forderung nach einem Kalifat warnt „Muslim Interaktiv“ laut dem Hamburger Verfassungsschutz auch vor einer angeblichen Hetzkampagne Deutschlands gegen Muslime. In den sozialen Netzwerken ist „MI“ demnach sehr aktiv. Dort greifen sie gesellschaftlich relevante Themen auf und „instrumentalisieren diese zur Darstellung einer vermeintlich fortwährenden Ablehnungshaltung der Politik und Gesellschaft (…) gegenüber der gesamten muslimischen Community“. In seinem Bericht stuft der Hamburger Verfassungsschutz als „gesichert extremistisch“ ein.
Warum wurde die Demo dann genehmigt?
Demonstrationen in Deutschland sind nicht genehmigungspflichtig. Sie müssen lediglich angemeldet werden. Im Vorfeld können sie nur verboten werden, wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet ist. Wegen möglichen Äußerungen eine Demonstration präventiv zu verbieten, ist kaum möglich.
Kann die Demo wegen der Kalifat-Forderung verboten werden?
Nach Ansicht von Clemens Arzt, Professor für öffentliches Recht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, sind solche Forderungen von der Meinungsfreiheit gedeckt. Gegenüber dem „Focus“ erklärt er, dass es „grundsätzlich“ nicht verboten ist, die Ordnung der Bundesrepublik falsch zu finden und andere Ideen zu verfolgen.
Was ist eigentlich ein Kalifat?
Ein Kalifat ist eine islamische Herrschaftsform, bei der der Kalif weltliche und religiöse Führerschaft vereint. Im Kalifat gilt die Scharia, das islamische Gesetz.
Was sagt die Politik zur Demonstration in Hamburg?
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Demonstration „schwer erträglich“. Zudem wies sie darauf hin, dass sie Sicherheitsbehörden solche Gruppierungen beobachten. Justizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb auf Twitter: „Wem ein Kalifat lieber sein sollte als der Staat des Grundgesetzes, dem steht es frei auszuwandern.“
Grünen-Chef Omid Nouripour sagte dem Nachrichtenportal „t-online“: „Unser Rechtsstaat kann und muss zeigen, dass er wehrhaft ist gegen Attacken von innen und außen“. Für ihn sei es „alarmierend“, wenn Extremisten auf deutschen Straßen das Kalifat ausrufen. CDU-Politiker Jens Spahn forderte Konsequenzen: „Auslandsfinanzierung von Moscheegemeinden beenden, radikale Vereine verbieten, harter Rechtsstaat.“
Auf „X“ verurteilte der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate ebenfalls die Demonstration.