„Jesus starb nicht am Kreuz, sondern stieg herab und ließ seinen Zorn über alle Ungläubigen hereinbrechen“, heißt es in der Beschreibung zum Computerspiel „The Inquisitor“, das vor kurzem erschienen ist. „Eine Armee von Inquisitoren setzt 1.500 Jahre später brutal seinen Glauben durch.“ Das Spiel für Windows-PCs hat aber wenig bis gar nichts mit Jesus zu tun – vielmehr schlüpft der Spieler in die Rolle eines Ermittlers in einer fiktiven mittelalterlichen Stadt namens Königstein (historisch gesehen ist es mit dem Jahr 1533 eigentlich schon die frühe Neuzeit).
Computerspiele boomen, sechs von zehn Deutschen spielen inzwischen digital, der Umsatz allein der deutschen Gamesbranche stieg 2022 auf 9,9 Milliarden Euro. Der Umsatz der Computerspiele-Industrie ist längst größer als der von Film- und Musikbranche zusammen. Für 51 Prozent der Gamer sind Video- und Computerspiele ein gesellschaftliches Kulturgut wie Bücher, Filme oder Musik. Studien zeigen zudem, dass es bei den Nutzerzahlen fast keine Unterschiede mehr zwischen den Geschlechtern gibt, ebenso sind Computerspiele in allen Altersgruppen beliebt. Kein Wunder, dass auch christliche Thematik immer mehr in PC-Spielen auftaucht.
Schon zweites christliches PC-Spiel aus Polen
Das aufwändig gemachte Computerspiel „Gate Zero“ von Christen aus Norwegen versetzt den Spieler demnächst ins Jerusalem zur Zeit Jesu; eine deutsche Softwareschmiede hat mit „One of 500“ ein ebenso detailreiches Spiel rund um Jesus angekündigt; vor zwei Jahren erschien mit „I Am Jesus Christ“ eine Art Jesus-Simulator, bei dem der Spieler wie der Heiland selbst Wunder vollbringen und gegen den Teufel kämpfen muss.
Nach „I Am Jesus Christ“ kommt nun schon das zweite Computerspiel rund um ein christliches Sujet aus Polen: „The Inquisitor“ ist ein Fantasy-Spiel, das in einer mittelalterlichen Welt spielt, in dem Jesus das Kreuz zerbrochen und gegen die Römer gekämpft hat. Nun sind 1.500 Jahre vergangen, und Inquisitoren kämpfen mit dem Schwert für den „siegreichen Christus“.
Das Spiel, das für 39,99 Euro erhältlich ist, stammt vom Entwicklerstudio „The Dust“ aus dem polnischen Breslau. Die Firma ging 2014 aus dem Zusammenschluss mehrerer Softwareschmieden hervor, „The Inquisitor“ ist nach eigenen Angaben das Flaggschiffprojekt des Hauses. In Deutschland wird es für ein Alter ab 18 Jahren empfohlen.
Dunkle Hafenspelunken und machthungriges Kirchenpersonal
Die Grafik ist nicht schlecht, kann aber mit vielen anderen aktuellen Titeln nur gerade so mithalten. Der Spieler muss in einer mittelalterlichen Stadt Aufgaben lösen, etwa auf einem Jahrmarkt einen Dieb jagen, einen Baumstamm balancieren, Gegenstände suchen und einen Vampir ausfindig machen. Immer wieder muss er dabei auch sein Schwert einsetzen, doch Gewalt steht nicht im Vordergrund des Spiels.
Vielmehr erfüllt man eher die Aufgaben eines Detektivs, der sich immer tiefer in die Machtstrukturen der überreichen katholischen Kirche begibt, um den Mord an einer Prostituierten aufzuklären. Dabei bedient sich der Held immer wieder der Kraft des Gebetes, der Heilige Geist, wie es im Spiel heißt, führt ihn quasi in die richtige Richtung, und auch in einer düsteren Geisterwelt muss der Protagonist zwischendurch seinen Mut beweisen.
Das Gameplay ist dabei nicht allzu schwer, die Aufgaben lassen sich in kurzer Zeit lösen. Das Spiel bedient zuverlässig alle Klischees über das Mittelalter, es gibt Trunkenbolde ebenso wie Diebe auf dem Markt, stinkende Hafenspelunken, Weissager und Alkohol, der mehr noch als Wasser konsumiert wird. Auch wenn an allen möglichen Orten und regelmäßig Bibelzitate auftauchen und das Gebet und die Kirche hier eine zentrale Rolle spielen, hat das Ganze kaum bis gar nichts mit der Bibel zu tun.
Es gibt immer wieder okkulte Zeichen und Anwandlungen. Gott oder Jesus treten hier allenfalls als rachsüchtige Imperatoren auf, die mit dem Schwert gegen Widersacher kämpfen. Ab 18 ist das Spiel unter anderem wegen der Darstellung von Gewalt und anzüglichen Handlungselementen.