Konvertiert ein Asylbewerber in Europa zum Christentum und beruft sich dann bei seinem Asylantrag auf die Verfolgung, die ihm nun im Herkunftsland droht, kann der Antrag nicht automatisch als „missbräuchlich“ angelehnt werden. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Sitz in Luxemburg am Donnerstag.
Wenn der Antragssteller glaubhaft darlegen könne, aus „innerer Überzeugung“ zum Christentum konvertiert zu sein, und diese Religion aktiv auslebt, könne ausgeschlossen werden, dass es sich um Missbrauch handele, heißt in einer Erklärung des EuGH. Vielmehr sei ihm die Flüchtlingseigenschaft anzuerkennen, falls er die Voraussetzungen erfüllt.
Verfolgungsgrund existierte erst nach Antragsstellung
Konkret ging es um den Fall eines Iraners, der erstmals 2015 in Österreich Asyl beantragt hatte. Sein Antrag wurde abgelehnt. Bei einem Folgeantrag gab der Iraner an, mittlerweile zum Christentum konvertiert zu sein. Deswegen drohe ihm nun Verfolgung in seinem Heimatland.
Die österreichischen Behörden glaubten dem Iraner, erteilten ihm jedoch nur eine befristete Aufenthaltserlaubnis und den Status des subsidiären Schutzberechtigten. Allerdings erhielt er keinen Flüchtlingsstaus, weil der Verfolgungsgrund noch nicht existierte, als der Mann im Iran lebte.
Die Richter in Luxemburg erklärten, dass jeder Folgeantrag individuell geprüft werden müsse. Es könne nicht automatisch von Missbrauch ausgegangen werden, wenn der Folgeantrag auf Umständen beruhe, die erst nach Verlassen des Heimatlandes entstanden sind.
Werde hingegen festgestellt, dass der Antragsteller das Verfahren instrumentalisiere, könne die Anerkennung des Flüchtlingsstatus verweigert werden. Dennoch müsse jedoch der internationale Schutz des Antragstellers im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention beachtet werden. Betroffene dürfen also nicht dorthin abgeschoben werden, wo ihnen Verfolgung drohe.