Nach Kurschus-Rücktritt: Missbrauchs-Verfahren wohl vor Einstellung

Im Dezember ist die EKD-Ratsvorsitzende Kurschus zurückgetreten. Ihr wurde vorgeworfen, in ihrer Zeit als Gemeindepfarrerin von übergriffigen Verhalten eines damaligen Kirchenmitarbeiters gewusst zu haben. Nun äußert sich die Staatsanwaltschaft.
Die Theologin Annette Kurschus

Die Staatsanwaltschaft Siegen hat ihre Vernehmungen zu den Missbrauchsvorwürfen im Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein abgeschlossen. Alle infrage kommenden Personen seien vernommen worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es hätten sich jedoch keine neuen Erkenntnisse ergeben. Aktuell erhielten Anwälte Akteneinsicht. Wenn von ihnen nicht noch neue Dinge vorgebracht würden, gehe er davon aus, dass danach das Verfahren abgeschlossen werde.

Ein ehemaliger Mitarbeiter des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein wird beschuldigt, in den 90er Jahren junge Männer sexuell bedrängt zu haben. Im Zusammenhang mit dem Verdachtsfall war im Herbst die damalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, unter Druck geraten. Ihr wurde vorgeworfen, mit dem Verdachtsfall an ihrem früheren Arbeitsort Siegen nicht ausreichend transparent umgegangen zu sein. Die Theologin trat daraufhin am 20. November von ihren kirchlichen Leitungsämtern zurück.

Einstellung dauert noch Wochen

Laut Staatsanwaltschaft wurde zuletzt eine weitere Person vernommen, die zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Missbrauchshandlungen minderjährig war. Allerdings seien dies keine strafrechtlich relevanten Vorgänge gewesen. Aktuell werde den Anwälten Gelegenheit gegeben, sich zu äußern. Mit einer möglichen Einstellung des Verfahrens sei nicht vor vier bis sechs Wochen zu rechnen.

Die Staatsanwaltschaft hatte schon vor Bekanntwerden der Vorwürfe keine strafrechtliche Relevanz des Falles gesehen. Zudem seien die mutmaßlichen Geschädigten zum Zeitpunkt der Vorfälle volljährig gewesen.

Die westfälische Landeskirche kündigte im Januar an, sie werde den Siegener Verdachtsfall von externen Fachleuten untersuchen lassen. Die Prüfung solle eine von der Kirche unabhängige Kanzlei übernehmen. Ziel sei, auf der Grundlage der Ergebnisse gegebenenfalls Verfahren innerhalb der Kirche führen zu können. Darüber hinaus gab die Kirchenleitung eine sozialwissenschaftliche sowie eine kommunikationswissenschaftliche Aufarbeitung des Siegener Interventionsfalls und der damit verbundenen Prozesse und Folgen in Auftrag.

epd
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