Assmann, der mit bürgerlichem Namen Johann Christoph Assmann hieß, wurde am 7. Juli 1938 im niedersächsischen Langelsheim geboren. Nach dem Studium von Ägyptologie, klassischer Archäologie und Gräzistik in München, Heidelberg, Paris und Göttingen wurde er 1965 promoviert. Von 1967 bis 1971 arbeitete er als freier Mitarbeiter der Abteilung Kairo des Deutschen Archäologischen Instituts. Er habilitierte sich 1971 und wurde 1976 Professor an der Universität Heidelberg, wo er bis zu seiner Emeritierung 2003 blieb. Er starb am Montag, dem 19. Februar, im Alter von 85 Jahren in Konstanz, wo er zuletzt lebte.
Ein Hauptthema, mit dem er sich befasste, waren die Religionsgeschichte und die Jenseitsvorstellungen im Alten Ägypten. Darüber hinaus wurde er bekannt durch seine Forschung an Erinnerungskulturen auch in anderen Ländern. Viele seiner Schriften entstanden in Zusammenarbeit mit seiner Ehefrau, der Anglistin und Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann. Mit ihr entwickelte er eine Theorie des kulturellen Gedächtnisses, die ihn auch international bekannt machte. Die Tageszeitung „Die Welt“ spricht von einem „Power-Couple der bundesrepublikanischen Geisteswissenschaften“. Das Paar bekam fünf Kinder.
Der Religionswissenschaftler betonte stets, dass Menschen nicht nur das ausmacht, was sie aktuell umgibt, sondern auch, wer ihre Vorfahren waren. Daher erachtete er das Erinnern an die Kultur als wichtig an sowie die Erforschung der Kulturen in Ägypten, im alten Israel und dem antiken Griechenland. Ebenfalls in weiteren Kreisen bekannt wurde Assmann durch seine Deutung der Entstehung des Monotheismus, dessen Anfänge seiner Auffassung zufolge mit dem Zeitpunkt des Auszugs der Israeliten aus Ägypten verbunden sind.
Zahlreiche Preise und Auszeichnungen
Die Entstehung des Monotheismus interpretierte er als Folge einer geistesgeschichtlichen Revolution. Die Hinwendung des Volkes Israel zum einen Gott Jahwe charakterisierte er mit dem Begriff der „mosaischen Unterscheidung“, der folgenschweren Unterscheidung zwischen wahr und falsch, die vorher in der Religion keine Rolle gespielt habe. Im 1997 erschienenen Buch „Moses der Ägypter“ legte Assmann dar, dass es fortan den einen Gott gab, der von seinen Anhängern unbedingte Loyalität verlangte. Diese Wende zum Glauben an einen einzigen Gott habe zu einem völlig neuen Menschenbild geführt. In seinem Buch „Exodus“ schrieb Assmann 2015, dass der Auszug der Israeliten aus Ägypten symbolisch die Wende vom Polytheismus zum Monotheismus darstelle. In den alten Religionen sei es um Wissen gegangen, bei den Juden wurde Gott etwas Unsichtbares, das sich offenbart und geglaubt werden müsse. „Und Glaube muss sich immer gegen den Unglauben wehren“, sagte Assmann in einem Interview.
Assmann erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter 2006 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse; 2022 bekam er zusammen mit seiner Frau und dem Historiker Sir Christopher Clark das große Verdienstkreuz mit Stern verliehen. Im Jahr 2016 bekamen er und seine Frau den „Theologischer Preis“ der „Salzburger Hochschulwochen“ verliehen mit der Begründung, das Paar habe mit seinen Arbeiten zur Theorie und Geschichte des kulturellen Gedächtnisses einen wichtigen Beitrag auch zur theologischen Theoriebildung geleistet.
Der Archäologe und Kollege Tonio Hölscher sagte im Interview mit SWR2, keiner habe es so beherrscht, Religion, Politik, Ethik und Kultur zusammenzudenken wie Assmann. Das Konzept des kulturellen Gedächtnisses, das Jan Assmann zusammen mit seiner Frau entwickelt hat, habe tief in die gesamte Kultur der Gegenwart hineingewirkt. „Es ist ein Konzept, dass das Gedächtnis zum Fundament von Kultur, Politik und dem gesamten Weltbild der Gegenwart macht. Seine Aktualität im Verständnis der eigenen Kultur und anderer Kulturen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.“