Diesem antisemitischen Satz stimmt fast jeder zweite Deutsche zu

Antisemitismus ist in Europa weit verbreitet, zeigt eine Umfrage. Auffällig ist der Unterschied zwischen den verschiedenen Religionen.
Israel-Brandenburger-Tor

Antisemitische Einstellungen sind in Europa weit verbreitet. In einer Befragung für den Religionsmonitor 2023 der „Bertelsmann Stiftung“ stimmte je nach Land zwischen 31 und 51 Prozent der Befragten dem Satz zu: „Was der Staat Israel heute mit den Palästinensern macht, ist im Prinzip auch nichts anderes als das, was die Nazis im Dritten Reich mit den Juden gemacht haben.“

Zu dem Thema befragte das „infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft“ im Juni und Juli, also vor Beginn des Nahost-Krieges, knapp 11.000 Menschen mit Internetzugang ab 16 Jahren. Befragt wurden Personen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Spanien, Polen sowie den USA, wie die Stiftung am Dienstag in Gütersloh mitteilte.

Antisemitismus reicht bis in die politische Mitte

In Deutschland schließen sich 43 Prozent dieser Aussage an. Das ist ein höherer Anteil als der Gesamtdurchschnitt von 38 Prozent in den sieben untersuchten Ländern. Der zweiten in der Erhebung genannten antisemitischen Behauptung, „Juden haben zu viel Einfluss in unserem Land“, stimmten in Deutschland 21 Prozent zu. Unter den gesamten Befragten schwankte die Zustimmung zwischen 15 Prozent in den Niederlanden und 29 Prozent in Polen.

In Deutschland wurden für die Erhebung 4.363 Personen befragt, darunter 717 Muslime, deren Antworten entsprechend dem muslimischen Anteil an der Gesamtbevölkerung gewichtet wurde. In den Antworten reichen die antisemitischen Denkmuster „deutlich über das rechtsradikale Parteienspektrum hinaus bis weit in die politische Mitte“, wie die Autoren des Religionsmonitors erklärten.

So ist der auf Israel bezogene Antisemitismus bei der FDP-Anhängerschaft mit 54 Prozent stärker vertreten als bei den AfD-Wählern mit 48 Prozent. Bei der SPD sind es 44 Prozent und bei Anhängern der Union 43 Prozent. Am wenigsten verbreitet sind antisemitische Meinungen mit 18 Prozent bei den Grünen.

Mehr Antisemitismus unter Muslimen, Buddhisten und Hindus

In der muslimischen Bevölkerung in Deutschland ist der Erhebung zufolge Antisemitismus noch einmal stärker ausgeprägt als in der deutschen Bevölkerung insgesamt. So vergleichen 68 Prozent der Muslime in Deutschland die Behandlung der palästinensischen Bevölkerung durch die israelische Politik mit den Taten der Nazis. Und 37 Prozent sind überzeugt, das Judentum habe zu viel Einfluss in Deutschland. Ähnlich hohe Zustimmungswerte machte die Erhebung auch bei buddhistischen und hinduistischen Befragten aus.

„Hochreligiöse Christen“ sind weniger antisemitisch

Wie stark Religion gelebt wird, hat laut Erhebung auf antisemitische Vorurteile großen Einfluss. Muslime, die weniger religiös sind, stimmten den Behauptungen in deutlich geringerem Umfang zu als hochreligiöse. Umgekehrt ist es bei den befragten Christen: Wenig religiöse Menschen stimmen hier dem Israel-NS-Vergleich häufiger zu als hochreligiöse.

Zur Eindämmung von Vorurteilen rät der Religionsmonitor zu persönlichen Kontakten auf Augenhöhe. Auch über die Vermittlung von fundiertem Wissen könnten Vorurteile abgebaut und religiöse Vielfalt als positiv wahrgenommen werden. „Dafür spielen Begegnungen – von der Schule bis ins Erwachsenenleben – wie auch die Berichterstattung und Diskussion in den klassischen und sozialen Medien eine entscheidende Rolle“, hieß es. Zusammenhalt werde gestiftet, wenn „wir vielfältige Kontakte fördern und die Menschen und ihre Geschichte in den Blick bringen“.

epd
Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen