Eine jahrelange gerichtliche Auseinandersetzung ist zu Ende. Die finnische Politikerin Päivi Räsänen ist vom Vorwurf der „Hassrede“ in drei Fällen freigesprochen worden. Sie hatte mehrfach öffentlich geäußert, dass praktizierte Homosexualität aus biblischer Sicht Sünde sei.
Im Prozess ging es unter anderem um eine 2004 verfasste Broschüre mit dem Titel „Er schuf sie als Mann und Frau – Homosexuelle Beziehungen stellen das christliche Menschenbild infrage“. Mit ihr angeklagt war auch der finnische Bischof Juhana Pohjola, der die Streitschrift veröffentlicht hatte. Im Fokus stand zudem ein Radiointerview Räsänens aus dem Jahr 2019.
Die Beschuldigten wurden von allen Anklagepunkten freigesprochen. Das Urteil fiel einstimmig aus. Im März 2022 hatte das Bezirksgericht genauso geurteilt. Die Staatsanwaltschaft war in Berufung gegangen. Am Dienstag stellte das Berufungsgericht fest, dass es auf der Grundlage der in der Hauptverhandlung vorgelegten Beweise keinen Grund habe, den Fall anders zu beurteilen als die vorherige Instanz.
„Kein Verbrechen, einen Bibelvers zu twittern“
Die Staatsanwaltschaft muss nun mehrere Zehntausend Euro zahlen, um die Kosten der beiden Angeklagten zu decken. Sie kann aber bis zum 15. Januar 2024 ein letztes Mal Berufung beim Obersten Gerichtshof Finnlands einlegen.
Räsänen selbst zeigte sich nach Verkündung des Urteils „sehr erleichtert“: In einer Pressemitteilung der Menschenrechtsorganisation ADF International sagt sie: „Es ist kein Verbrechen, einen Bibelvers zu twittern oder sich an einem öffentlichen Diskurs mit einer christlichen Perspektive zu beteiligen.“ Sie hoffe, dass das Ergebnis „als wichtiger Präzedenzfall für den Schutz der freien Meinungsäußerung gelten wird“.
Viele Christen hatten befürchtet, dass mit einer Verurteilung Räsänens ein Präzedenzfall zur Meinungsfreiheit für Christen geschaffen werde. Der Internationale Lutherische Rat hatte bereits im Juni 2019 eine Erklärung abgegeben, dass grundlegende Menschenrechte hier nicht missachtet werden dürfen. Auch andere religiöse Organisationen hatten sich mit Räsänen solidarisiert.
„Erfolg für die Meinungsfreiheit“
Der Geschäftsführer von ADF International, Paul Coleman, bezeichnete das Urteil als „Erfolg für die Meinungsfreiheit“. In einer freien und demokratischen Gesellschaft sollten „Überzeugungen ohne Angst vor Zensur äußern“ geäußert werden dürfen und gehörten nicht kriminalisiert: „Staatliche Behörden überschreiten klar ihre Kompetenz, wenn sie Äußerungen, die ihnen missfallen, zensieren und bestrafen“, erklärt Coleman in der Mitteilung seiner Organisation.
Päivi Räsänen war von 2011 bis 2015 finnische Innenministerin. Von 2004 bis 2015 war sie Vorsitzende der Christdemokraten (KD). Seit 1995 sitzt sie im Parlament. Die Mutter von fünf Kindern ist außerdem aktives Mitglied der Finnischen Lutherischen Kirche. In Finnland gehören etwa zwei Drittel der 5,5 Millionen Einwohner der Evangelisch-Lutherischen Kirche an.