Christliche Werte für Journalisten von morgen

Viele Journalisten besuchen in ihrer Ausbildung eine Journalistenschule. Die Katholische Journalistenschule in München hat sogar eine geistliche Direktorin. PRO hat mit ihr über Werte gesprochen und warum Verdachtsjournalismus nicht dazu gehört.
Von Johannes Blöcher-Weil
Schwester Stefanie Strobel

PRO: Frau Strobel, was macht eine geistliche Direktorin einer katholischen Journalistenschule?

Sr. Stefanie Strobel: Unsere Einrichtung wird von einer journalistischen und einer geistlichen Direktorin geleitet. Unser Kursangebot besprechen wir gemeinsam. Als geistliche Direktorin begleite ich die Studierenden. Sie können mich bei persönlichen und beruflichen Themen ansprechen. Während der Seminare vor Ort gibt es regelmäßig geistliche Angebote. Die längeren Kurse enden mit einem Abschlussgottesdienst. Zusätzlich bieten wir ein Besinnungswochenende mit vielen geistlichen Impulsen an. Als Ordensfrau und Christin wünsche ich mir natürlich, dass sie die Botschaft Gottes für sich entdecken. Das kann ich aber nur in aller Bescheidenheit anbieten. Ich möchte, dass sie spüren, dass es ein echtes Interesse an ihnen und ihrem Weg gibt.

Wie leicht oder schwer ist es, einen werteorientierten Journalismus zu vermitteln?

Es ist vielleicht nicht leicht, aber es ist erwünscht. Ich glaube schon, dass unsere Absolventen eine gewisse Sehnsucht haben, die Welt ein bisschen besser zu machen. Sie vertreten ihre Werte und Anliegen. Und als Schule möchten wir ihnen die Werte mitgeben, die uns wichtig sind.

Kirche und Medien leiden unter Vertrauensverlust. Stehen Sie an der Schnittstelle auf verlorenem Posten?

Ich möchte gerne Brücken bauen. Und ich möchte deutlich machen, dass ich ein Teil dieser Amtskirche bin und ein Bild von ihr vermittele. Die Gäste in unserem Haus und unsere Absolventen bekommen die Chance, das neu zu entdecken durch alles, was sie hier im Haus erleben. Auch wir sind ein Teil der Katholischen Kirche. Damit möchte ich die Missbrauchsskandale nicht kleinreden.

Wie kann es in Zukunft gelingen, Kirche und Glaube in den Medien zu positionieren?

Das kommt auf den Arbeitgeber und seine Zielgruppe an. Viele Volontäre bei uns arbeiten für christliche Medien. Andere für große säkulare Medien, wie die „Süddeutsche Zeitung“ oder den „Tagesspiegel“. In deren Berichterstattung kommt nicht unbedingt das Wort „Evangelium“ vor. Ein Journalismus, der sich an Werten orientiert, ist das Fundament, das sie hier mitnehmen und von dem sie hoffentlich in ihrer Arbeit in der Wirtschaftsredaktion oder im Feuilleton profitieren. Volontäre in christlichen Medien können schon eher mal über kirchliche Ereignisse berichten oder geistliche Impulse schreiben.

Ist die Botschaft der Bibel für die ­säkulare Presse noch zeitgemäß?

Auf jeden Fall. Die christlichen Werte kommen ja aus dem Evangelium. Ich muss nicht jeden Tag in meinen Artikeln die Bibel zitieren. Aber ich muss verstehen, dass christliche Werte auch bedeuten, sich der Wahrheit zu verpflichten und wahrhaftig zu berichten. Als Journalist muss ich mich bemühen, gut zu recherchieren. Vielleicht hilft es mir bei der Themenwahl, indem ich meinen Blick auch auf die Menschen am Rand der Gesellschaft richte und über sie schreibe. Das sind Werte, die sich nicht unbedingt explizit in christlicher Sprache niederschlagen.

Das Konzept Ihres Volontariats beinhaltet auch Partner wie das „Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizistik“. Welche Rolle wird die Ökumene hierbei in Zukunft spielen?

Ich denke, wir sollten diesen Weg weiter beschreiten. Darüber hinaus könnten wir auch Menschen mit Migrationshintergrund dafür gewinnen, Journalisten zu werden, die sich das vielleicht nicht trauen. Für den Berufsstand wäre das auf jeden Fall eine Bereicherung.

Wie blicken Sie prinzipiell auf die Zukunft junger Journalisten?

Die Herausforderungen werden wachsen. Sie müssen sich auch unter ihren Kollegen behaupten, wenn sie werteorientiert arbeiten. Natürlich müssen junge Journalisten kritisch und neugierig sein, aber trotzdem fair und gerecht bleiben. Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf die Informationen. Deswegen ist es wichtig, zu überlegen, was das Ziel der Nachricht ist. In Bayern wird ja gerade rege über Herrn Aiwanger diskutiert und was Verdachtsjournalismus darf. Es muss genau geprüft werden, wo der Schutz einer öffentlichen Person anfängt. Es geht darum, nicht polemisch zu werden oder durch schnelles Schreiben eine große Schlagzeile zu produzieren. Das ist und bleibt eine Herausforderung.

Welche Überschrift würden Sie gerne über einem Beitrag über die Katholische Journalistenschule lesen?

Ich würde mir wünschen, dass unsere Absolventen als kritische und faire Menschen mit einem guten Werte-Fundament wahrgenommen werden. Katholisch und christlich zu sein bedeutet nicht, unkritisch oder brav zu sein. Wir sollten unparteiisch und wahrheitssuchend sein, aber auch offen und auf einem menschenwürdigen Fundament.

In welchem Modul kann man das am besten vermitteln?

Das schwingt in der gesamten Ausbildung immer mit. Wir suchen Referenten, die diese Werte teilen und manchmal einen spezifisch ethischen Blick auf ein Thema haben. Aktuell gibt es ein Modul zum Thema Hass und Hetze im Internet. Wir kommen gar nicht daran vorbei, das aus der ethischen und moralischen Perspektive zu betrachten.

Welche biblische Geschichte eignet sich für eine spannende journalistische Reportage?

Auf jeden Fall Petrus. Er ist einerseits mutig und geht voran. An anderer Stelle entpuppt er sich als Versager und hat von Jesu Botschaft gar nichts verstanden. Auch der Prophet Jona wäre einen Artikel wert. Er zieht mit einem Auftrag los und möchte ihn so gut wie möglich erfüllen. Er ringt mit seinem Auftraggeber Gott und der beschenkt ihn reich. Auch Mose wäre interessant. Ein Mörder bekommt den Auftrag, das Volk aus Ägypten zu führen. Dieses Auf und Ab mit Aufträgen von Gott ergäben spannende journalistische Geschichten.

Vielen Dank für das Gespräch!

Sr. Stefanie Strobel ist Ordensschwester der „Kongregation der Helferinnen“. Nach ihrem Studium der Katholischen Theologie wurde sie Ordensmitglied und arbeitete als Pastoralreferentin. Danach hat sie in Wien die Ausbildung der Novizinnen begleitet. Die vergangenen neun Jahre war sie Provinzoberin ihrer Gemeinschaft für Zentraleuropa. Seit Juni 2023 ist sie geistliche Leiterin der Katholischen Journalistenschule. Dort gibt es verschiedene Programme zur journalistischen Aus- und Weiterbildung mit einem Fokus auf christlich-ethischen Aspekten. Auch geistliche Angebote können die Teilnehmer nutzen.

Der Artikel ist erstmals in der Ausgabe 5/2023 des Christlichen Medienmagazins PRO erschienen. Das Heft können Sie hier kostenlos bestellen.

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