Nach „sehr harten Verhandlungen“, von denen Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sprach, gibt es eine politische Einigung bei der Kindergrundsicherung. Demnach stellt der Staat 2025 fast 2,4 Milliarden Euro zur Verfügung, um Kinderarmut zu reduzieren. Kirchen und kirchlichen Verbänden geht das Ergebnis jedoch nicht weit genug. Deren Vertreter reagierten verhalten bis enttäuscht auf die Ampel-Pläne.
Dem Präsidenten der Diakonie, Ulrich Lilie, ist das erzielte Ergebnis deutlich zu wenig. Damit lasse sich keine armutsfeste Kindergrundsicherung schaffen, findet er. Im Koalitionsvertrag sei noch von einer systematischen Überprüfung des Existenzminimums die Rede. Dieses sei weiterhin zu niedrig bemessen: „Es gibt kein Entweder-Oder bei Ausgaben für Bildung und Existenzsicherung. Beides bleibt notwendig, um Kinderarmut gezielt und wirkungsvoll zu bekämpfen“, erklärt Lilie.
Der katholische Wohlfahrtsverband Caritas findet es „mehr als überfällig“, dass es eine gemeinsame Linie für die Kindergrundsicherung in der Ampel-Koalition gebe. Es sei bei vielen Menschen der Eindruck entstanden, es falle der Bundesregierung besonders schwer, sich zu einigen, wenn es um die Familien geht, die am meisten Unterstützung brauchen. Die Zugänge zu den staatlichen Hilfsleistungen müssten in der Praxis vereinfacht werden. „Wir wollen, dass Familien bei der Beantragung von öffentlichen Fördergeldern Zeit sparen“, erklärte die Caritas.
Kurschus: „Man kann gar nicht genug für die Kindergrundsicherung tun“
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, begrüßte, dass die Ampel-Koalition sich auf erste Schritte für eine Kindergrundsicherung verständigt hat. Wer als Kind keine Chance habe, habe leider allzu oft auch später als Erwachsener keine mehr. „Man kann gar nicht genug für die Kindergrundsicherung tun“, sagte die Theologin. Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, nannte den erzielten Kompromiss am Montag „keine Grundsicherung, sondern ein Tropfen auf den heißen Stein“.
In der Kindergrundsicherung sollen Familienleistungen zusammengefasst, vereinfacht und automatisch ausgezahlt werden. Dazu zählen das Kindergeld, der Kinderzuschlag, die Sozialhilfe und das Bürgergeld für Kinder. Ursprünglich hatte Bundesfamilienministerin Lisa Paus zwölf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung gefordert, während Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Ausgaben bei zwei Milliarden Euro deckeln wollte. Der Einigung war ein monatelanges Ringen der beiden Minister vorangegangen.
Von: Johannes Blöcher-Weil und Martin Schlorke