Der Chefredakteur des WDR, Stefan Brandenburg, hat sich für einen Beitrag in der „Tagesschau“ entschuldigt, in dem eine Mitarbeiterin des Radiosenders WDR5 als Supermarktkundin interviewt wurde. Der vom WDR produzierte Beitrag für die „Tagesschau“ hatte nicht offengelegt, dass es sich um eine Mitarbeiterin des eigenen Hauses handelte.
Konkret ging es darum: Die Discounterkette „Penny“ startete kürzlich die Aktion „Wahre Preise“. Für einige Produkte erhöhte das Unternehmen die Preise um bis zu 94 Prozent, um auf fehlende Nachhaltigkeit in der Lebensmittelproduktion aufmerksam zu machen.
Die „Tagesschau“ berichtete in ihren 20-Uhr-Nachrichten darüber und befragte dazu Kunden im „Penny“, wie sie die Aktion fänden. Eine der befragten Kundinnen war WDR5-Moderatorin und Produktionsassistentin Hannah Mertens. Sie sagte im Beitrag, sie finde die Preisaufschläge gut, weil sie zum Nachdenken anregten. Andere Kunden sagten hingegen, sie würden die Produkte zu den hohen Preisen derzeit nicht kaufen.
Die „Bild“-Zeitung deckte anschließend auf, dass es sich bei Mertens nicht um irgendeine unabhängige Kundin handelte, sondern um eine Mitarbeiterin des eigenen Senders. Sie warf dem WDR und der „Tagesschau“ mangelnde Transparenz vor, zu „schummeln“ und den Zuschauern wichtige Informationen vorzuenthalten.
Brandenburg versucht Klarstellung
WDR-Chefredakteur Brandenburg äußerte sich anschließend auf Twitter – jetzt „X“ – zu dem Fall. Das sei „ärgerlich und peinlich für uns“. Er erklärte den Fehler wie folgt: Mertens habe dem Reporter zwar sinngemäß gesagt, „ich komme gerade vom WDR-Radio“, nämlich von ihrer Frühschicht. Der Reporter habe aber verstanden, sie habe über die Aktion von „Penny“ im Radio erfahren.
Hätte der Reporter verstanden, dass er eine Kollegin vor sich gehabt hätte, wäre ihre Reaktion niemals im „Tagesschau“-Beitrag aufgetaucht. Bei dem Vorfall handele es sich, um „einen saublöden Fehler“. Ansonsten habe man über die Aktion des Discounters „ausgewogen und kritisch distanziert“ berichtet, schrieb Brandenburg.
Brandenburg kritisiert seinerseits wiederum die Berichterstattung der „Bild“. Die bezeichne Mertens nämlich als „Tagesschau“-Mitarbeiterin, die sie nicht sei, und stelle die Frau „mit Betrugsabsicht an den Pranger“. Der „Bild“-Artikel stellt in der Tat die Vermutung an, man habe Mertens eigens als Schauspielerin engagiert, um eine positive Stimme zu der „Penny“-Aktion zu finden: „Welchen Zweck hatte der Heimlich-Auftritt der Mitarbeiterin? Brauchte die ‚Tagesschau‘ etwa eine erfreute Kunden-Stimme zur Klima-Aktion, die sie unter gewöhnlichen Kunden nicht fand?“
Mertens habe den Fehler jedoch nicht zu verantworten. Zudem sei es absurd, zu vermuten, man müsse eine Mitarbeiterin als Schauspielerin einsetzen, weil man keine Kunden finde, die etwas Positives über die Preis-Aktion gesagt hätten, rechtfertigte sich Brandenburg auf Twitter.
Mittlerweile hat die „Tagesschau“ die Sequenz mit Mertens aus dem Beitrag entfernt.