Ataman will Ausnahmeregeln für Kirchen abschaffen

Nach dem Willen der Antidiskriminierungsbeauftragten Ferda Ataman sollen Kirchen ihren Angestellten keine Vorgaben mehr zur privaten Lebensführung machen dürfen. Auch die Beweisführung vor Gericht soll sich bei Diskriminierung ändern.
Von Norbert Schäfer
Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman

Ferda Ataman, die Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Antidiskriminierung, hat in einem „Grundlagenpapier zur Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes“ unter anderem die Abschaffung der sogenannten „Kirchenklausel“ im Antidiskriminierungsgesetz (AGG) gefordert. Paragraf 9 des bestehenden Gesetzes – „Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung“ – räumt konfessionellen Arbeitgebern und Kirchen derzeit noch Ausnahmeregelungen ein. Die sollen nun gestrichen werden.

In dem Papier von Ataman, das am Dienstag veröffentlicht worden ist, lautet es nun: „Die kirchenrechtlichen Privilegien im AGG sollten gestrichen werden.“ Ataman will damit auch kirchlichen Arbeitgebern nicht gestatten, dass die ihren Angestellten Vorgaben zur privaten Lebensführung machen, wie etwa der sexuellen Orientierung. „Solche weitgehenden Rechte gehören abgeschafft“, heißt es in dem Papier.

Kirchen und deren wirtschaftliche Betriebe dürfen bislang Beschäftigte aufgrund der Konfession beziehungsweise der Religionszugehörigkeit unterschiedlich behandeln. Die Grundlage dafür ist das Selbstbestimmungsrecht, das die Verfassung den Kirchen und Religionsgemeinschaften zubilligt.

Kritik vom Koalitionspartner und der Union

Zudem will die Antidiskriminierungsbeauftragte durchsetzen, dass vor Gericht der Nachweis von Diskriminierung erleichtert wird. Die Betroffenen müssten derzeit „Indizien dafür darlegen“, dass die nachteilige Behandlung auf einem geschützten Merkmal beruht.

Solche Indizien seien oft kaum zu erbringen, wenn ohne die Angabe von Gründen etwa eine Bewerbung oder ein Vertrag abgelehnt wird. „Aktuell muss das Vorliegen der Benachteiligung ebenso wie das Vorliegen der Indizien vollumfänglich bewiesen werden.“ Das will Ataman ändern und „das Erfordernis, eine Benachteiligung und Indizien nachzuweisen auf die Glaubhaftmachung“ herabsenken lassen. „Die überwiegende Wahrscheinlichkeit“ der Diskriminierung soll dem Papier zufolge vor Gericht genügen.

Für ihr Grundlagenpapier hat sich die Antidiskriminierungsbeauftragte Kritik von FDP und Union eingehandelt. Katrin Helling-Plahr, die rechtspolitische Sprecherin der FDP, sprach gegenüber der „Bild“ von „gesellschaftlichem Sprengstoff“, der Verunsicherung allerorten säe. Der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Krings, bezeichnete das Papier von Ataman demnach als „absurd“. Krings: „In unserer Rechtsordnung muss jeder Kläger seinen Anspruch auch nachweisen und nicht nur glaubhaft machen, um vor Gericht zu gewinnen“. Atamans Vorschlag führe „zu einer gigantischen Einschränkung von Freiheit“, statt Diskriminierungen zu unterbinden.

Im Koalitionsvertrag hatten sich die Parteien der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP auf eine Reform des Gleichbehandlungsgesetzes verständigt. Demnach soll die Bundesregierung „Schutzlücken schließen, den Rechtsschutz verbessern und den Anwendungsbereich ausweiten“.

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