Aufregung nach Aufforderung zu Kreuzabnahme bei Klagemauer

Auf dem Platz vor der Klagemauer soll der Abt der Dormitio-Abtei sein Kreuz abnehmen. Dieser beharrt auf sein Recht auf Religionsfreiheit. Der Disput sorgt für Aufsehen.
Von PRO
Forschungsministerin Stark-Watzinger wird Zeugin eines Disputs, als Abt Schnabel die Aufforderung erhält, sein Kreuz abzunehmen

Auf ihrer dreitägigen Israel-Reise hat Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger wohl mehr Facetten dieses Landes erlebt, als vorher gedacht. Mit dem Abt der Dormitio-Abtei, Nikodemus Schnabel, suchte die FDP-Politikerin am Mittwoch den Platz vor der Klagemauer in Jerusalem auf. Da trat eine Mitarbeiterin der Stiftung für das Erbe der Klagemauer an den Benediktiner heran und forderte ihn auf, sein gut sichtbares Kreuz abzunehmen.

Im Beisein der Ministerin kam es in der Folge zu einem Disput. Die Mitarbeiterin wies darauf hin, dass die Klagemauer ein jüdischer Ort sei, und bat um Respekt: Es sei unangemessen, dort das Kreuz zu tragen. Der römisch-katholische Geistliche empfand die Aufforderung als „harsch“. Er wies darauf hin, dass das Kreuz keine Provokation sei. Es gehöre vielmehr zu seinem normalen Erscheinungsbild. „Sie respektieren meine Religion nicht.“

Ein Journalist des Magazins „Spiegel“, Christoph Schult, verbreitete einen Mitschnitt dieses Austausches im Netz. Schnabel teilte das Video seinerseits und schrieb dazu: „Es ist schmerzhaft zu erleben, wie das Klima in dieser wundervollen Stadt sich unter der neuen Regierung immer mehr zum Unguten verändert. Jerusalem ist doch groß genug für alle!“

Schnabel: Klagemauer-Platz nur durchquert

Die Stiftung für das Erbe der Klagemauer bat noch am Mittwoch um Entschuldigung. Es gebe keine Vorschriften und die Klagemauer sei für alle zugänglich. Die Mitarbeiterin habe lediglich Unannehmlichkeiten verhindern wollen, „wie es in letzter Zeit in der Altstadt geschehen ist, um sowohl den Besucher als auch die Stätte zu respektieren“. Letztlich habe der Abt seinen Weg fortsetzen können.

Der Vorfall erregte Aufmerksamkeit und war auch Thema in den israelischem Medien. Im Gespräch mit dem Sender „i24 News“ betonte Schnabel, er sei nicht zur Klagemauer gegangen, um dort zu beten. Er habe lediglich den Platz in Richtung Dungtor überqueren wollen; dort habe das Auto der Ministerin gewartet.

Die Reaktionen unter dem Tweet zeigen größtenteils Verständnis für den Abt. Die Aufforderung der Mitarbeiterin fanden die meisten irritierend. Einige wenige meinten, es sei keine große Sache, aus Respekt das Kreuz abzunehmen.

Christen zunehmend angegriffen

Der Vorfall ereignete sich in einer Zeit, in der sich Berichte über Angriffe auf Christen oder christliche Stätten von jüdischer Seite häufen. Zu den Vorkommnissen zählen etwa Spuckangriffe oder Steinewürfe in Kirchenfenster. Schnabel wies in seinem Twitter-Account zuletzt häufig darauf hin. Der israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog hatte derartige Angriffe am 9. Juli verurteilt. Einen Monat zuvor tat dies bereits der Jerusalemer Oberrabbiner Schlomo Mosche.

Schnabel hatte zu Pfingsten Ende Mai die Weihe zum Abt erhalten. Der 45-Jährige ist damit der oberste deutsche Katholik in Jerusalem. Seither hat er neben Stark-Watzinger auch andere Politiker in Jerusalem empfangen: Den Ersten Bürgermeister Hamburgs und Präsidenten des Bundesrates, Peter Tschentscher (SPD), sowie Petra Pau, Vizepräsidentin des Bundestages und religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion.

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