„Unsere Politik beruht auf dem christlichen Verständnis des Menschen und seiner Verantwortung vor Gott.“ So steht es am Beginn des aktuellen Grundsatzprogramms des CDU-Landesverbandes Sachsen-Anhalt. Doch das Programm ist zehn Jahre alt, und die Partei feilt seit Monaten an einem neuen Programm, das insbesondere aktuelle Entwicklungen wie Klimaschutz oder Digitalisierung in den Blick nehmen soll. Dabei scheinen die Grundsätze der Partei ein Stück weit verloren gegangen zu sein. Denn ausgerechnet bei der Partei mit dem ‚C‘ im Namen kommt Gott im Entwurf des neuen Grundsatzprogramms nicht mehr vor – und die Kirche ebenfalls nicht.
60 Seiten ohne Gott und Kirche – das zieht sich wie ein roter Faden durch den Programmentwurf, der seit April auf drei Regionalkonferenzen mit den Mitgliedern diskutiert wurde. Ehe und Familie, einst unverrückbare Grundsätze christdemokratischer Politik, standen im bisherigen Programm gleich in Kapitel zwei. Im Entwurf des neuen Programms rücken sie erheblich weiter nach hinten. Und nicht nur das: Hieß es im alten Programm noch „die Ehe ist für uns das Leitbild“, und wurde dies auf Grundlage der christlichen Werte begründet, steht die Institution im Entwurf für das neue Programm unter ferner liefen.
Auch Mario Karschunke, Generalsekretär der Landes-CDU, zeigt sich mit dem Programmentwurf im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) noch nicht zufrieden: „Da sind einige Formulierungen drin, die mir so auch nicht gefallen.“ Den Vorwurf einer Abkehr von christlichen Grundwerten weist er allerdings zurück. „Das christliche Menschenbild bleibt die Grundlage unserer Politik“, stellt er klar. Natürlich müsse man als CDU auch sehen, dass man alle Menschen abbilde – schließlich sind über 80 Prozent der Einwohner in Sachsen-Anhalt konfessionslos.
Flut an Änderungsanträgen
Der Programmentwurf sei „gefühlt ein Stück moderner“, sagt der Generalsekretär. Aber dass man deswegen die Grundwerte der Partei anders sehe, das lese er so nicht im Entwurf. Zwar wolle sich die Landespartei für andere Mitglieder öffnen, doch Karschunke sagt auch: „Eines werden wir nicht tun, dass wir unsere Werte verraten oder ganz und gar vergessen.“
Das sehen offenbar viele Mitglieder an der Parteibasis genauso. Derzeit gehen bei der Landespartei zahlreiche Änderungsanträge ein. Über 60 sind es laut Karschunke bereits, rund 100 weitere seien bereits angekündigt und würden noch erwartet. Die Antragskommission, die ab 13. Juli tagen wird, hat also alle Hände voll zu tun.
Einer, der auf jeden Fall Änderungen am neuen Grundsatzprogramm durchsetzen will, ist der Magdeburger Landtagsabgeordnete Stephen Gerhard Stehli. Er ist Landesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der Landes-CDU und engagiert sich ehrenamtlich in der evangelischen Kirche, unter anderem als Vizepräses der Landessynode, dem Kirchenparlament der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.
„Stolz auf unser ‚C‘“
„Ich gehe davon aus, dass es eine Reihe von Präzisierungen geben wird“, sagt er auf epd-Anfrage. „Nicht nur als EAK-Landesvorsitzender, sondern auch als Mitglied der Antragskommission werde ich mich hierfür einsetzen.“ Dass ein klares Bekenntnis zur Kirchensteuer oder zum konfessionellen Religionsunterricht im Programmentwurf diesmal fehlt, solle nichts am guten Verhältnis von Staat und Kirche ändern. „Sie können sicher sein, dass sich die CDU hierfür wie bisher aktiv einsetzen wird“, stellt er klar.
Stehli wurde in die Antragskommission berufen, nachdem er auf der Regionalkonferenz in Barleben deutliche Vorbehalte gegen den Entwurf geäußert hatte. Auch Karschunke geht davon aus, dass das neue Grundsatzprogramm, das auf einem Parteitag Ende September beschlossen werden soll, am Ende anders aussehen wird als der jetzige Entwurf. „Wir sind stolz auf unser ‚C‘ im Namen“, sagt der Generalsekretär der Landespartei: „Von Gott und Kirche werden wir uns auf keinen Fall verabschieden.“