Sie ist der Inbegriff von christlicher Nächstenliebe und immer noch weltbekannt: Die 1997 verstorbene katholische Ordensfrau Gonxha Bojaxhiu, besser bekannt als Mutter Teresa. Sie engagierte sich für die Armen und Kranken in den Slums von Kalkutta, und bis heute hallt ihr Werk nach. Mutter Teresa gründete den Orden der „Missionarinnen der Nächstenliebe“, deren Schwestern sich bis heute um Sterbende, Waisen, Obdachlose und Kranke weltweit kümmern. Für ihre Arbeit bekam die Nonne 1979 den Friedensnobelpreis.
In seinem Dokumentarfilm „Sonnenaufgang über Kalkutta – Von der Dunkelheit ins Licht“ lässt der spanische Regisseur José María Zavala sechs Personen zu Wort kommen, die in unterschiedlicher Weise mit der Ordensfrau in Kontakt kamen, und die dadurch völlig verändert wurden. Der Film feierte eigentlich bereits 2021 kurz nach seiner Entstehung seine Premiere, doch erst jetzt wird er in Kinos in Deutschland, der Schweiz und in Österreich einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Die Aufführungstermine, die über den Sommer 2023 verteilt sind, können auf der Website eingesehen werden.
Der Regisseur José María Zavala hat bereits früher christliche Dokumentationen gemacht, unter anderem über den katholischen Geistlichen Padre Pío und Papst Johannes Paul II. Als Journalist arbeitete Zavala für die spanischen Zeitungen El Mundo und Capital sowie für den britischen Guardian. Nach eigener Aussage erlebte er im Jahr 2009 eine persönliche Bekehrung zum christlichen Glauben. Er ist Autor von mehr als 40 Büchern, vor allem historischer Romane.
Touristenattraktion in den Slums
Der katholische Missionar Christopher Hartley berichtet im Film, wie er in den 80er Jahren in Kalkutta sterbenskrank wurde. Er litt an Malaria, Typhus, Darmparasiten und anderen tropischen Krankheiten. Er betete zur „Mutter Gottes“ und schwor, sich wie Mutter Teresa um die Armen der Welt zu kümmern. Als er die Ordensfrau persönlich traf, sagte sie zu ihm nur einen Satz: „Liebe die Armen und sei heilig.“ Die Begegnung habe sein Leben radikal verändert, so Hartley.
Der Zuschauer erfährt viel über die Arbeit der „Missionarinnen der Nächstenliebe“ unter den Ärmsten der Welt, naturgemäß ist auch viel Unappetitliches dabei, etwa Menschen, die Würmer in ihren Wunden haben und Körperteile, an denen Ratten nagen oder die wegen Lepra abfallen. Die große Aufmerksamkeit um ihre Person sei Mutter Teresa auf die Nerven gegangen, sagt Hartley. „Mutter Teresa kam zu solch einem Ruhm, dass das Mutterhaus in Kalkutta zu einem festen Bestandteil der Sightseeingtour für Touristen wurde.“
Emmanuel Leclercq ist heute Doktor der Philosophie. Sein ungewöhnlicher Lebensweg ist ebenfalls mit der katholischen Ordensfrau verbunden. Er wurde 1982 auf den Müll-Deponien des heutigen Mumbai geboren. „Zehn Tage nach meiner Geburt warfen mich meine Eltern dort in einen Mülleimer“, berichtet Leclercq. Doch in dieser Armut sei der Reichtum Gottes allgegenwärtig, so der Philosoph, der als Kind von Mutter Teresa gerettet wurde.
Sie habe das Jammern des kleinen Babys gehört und ihn mitgenommen in ihr Krankenhaus. Heute ist Leclercq wichtig, dass sein eigenes Leben der Ehre Gottes dient. „Alles, was ich tue, soll zu Gottes Ehren sein, so wie es Mutter Teresa vorgelebt hat“, sagt der Philosoph, der bei französischen Pflegeeltern aufwuchs.
Für ihn ist klar: „Christus kam und nahm unsere Menschennatur an, um uns zu retten.“ Der Philosoph fügt hinzu: „Äußerlich war Mutter Teresa nicht sonderlich hübsch, aber ihr Gesicht strahlte eine ganz große innere Schönheit aus. Sogar auf Fotos kann man die Handschrift Gottes und sein Angesicht erkennen.“
Rosario Dueñas war als Jugendliche Spitzensportlerin, doch 1979 gab es eine Gas-Explosion in ihrem Wohnhaus. Ihr Körper wurde zu 80 Prozent verbrannt, doch sie überlebte. Sie ist Gott heute dankbar für das zweite Leben, das der ihr schenkte. Sie arbeitet als Missionarin und kam 1995 auch nach Kalkutta.
Sie konnte sich mit den Lepra-Kranken identifizieren. „Wenn man so aussieht wie ich, wissen viele nicht, ob es sich um Verbrennungen oder um Lepra handelt.“ Dueñas konnte die Ablehnung in der Gesellschaft nachempfinden. „In den Straßen von Kalkutta habe ich durch all die Aussätzigen wahrhaftig die Liebe Gottes gesehen. Das war wunderschön.“ Die Antriebskraft von Mutter Teresa sei Gebet gewesen, sagt Dueñas. Doch sie habe viele dunkle Zeiten durchleben müssen und viele Zeiten des Zweifels gehabt.
Maria de Himalaya arbeitete früher als Krankenschwester in einer Abtreibungsklinik. Heute sagt sie: „Ein Krankenhaus, in dem man Ungeborene ermordet, ist eigentlich die Hölle.“ Dies sei ihr irgendwann schlagartig klar geworden. Mutter Teresa habe sie früher vor allem als starke Gegnerin von Abtreibung gekannt. In einer Lebenskrise lernte sie in Kathmandu die Arbeit der Missionarinnen der Nächstenliebe kennen. „Durch Jesus begann ich die Kirche zu lieben“, sagt de Himalaya, die früher die Kirche und ihre Ansicht zur Abtreibung hasste. „Die Kirche ist nun meine Familie geworden.“
Auch ein von Würmern befallener Mensch ist Kind Gottes
Der Film „Sonnenaufgang über Kalkutta“ legt einen eindeutigen Fokus auf den katholischen Glauben; Da ist vom Fegefeuer die Rede und vom Rosenkranz. Aber zentral ist am Ende die Arbeit Mutter Teresas, die ihr ganzes Leben aufopferte für die Armen, so wie es Christus selbst gefordert hat.
Die Dokumentation gibt auch Zitate dieser bemerkenswerten Frau wieder, deren Botschaft über alle Grenzen von Religionen und Denominationen hinausgeht. „Sollte ich jemals eine Heilige werden, werde ich mich nie im Himmel aufhalten, sondern das Licht anzünden für diejenigen, die auf Erden im Dunkeln leben“, sagte sie einmal, was den Filmtitel begründete.
„Der Mensch hungert nicht nur nach einem Stück Brot“, wird die Ordensfrau an anderer Stelle zitiert. „Er hungert nach Liebe, er hat die Sehnsucht, geliebt zu werden.“ Und weiter: „Auch ein Mensch, der von Würmern befallen auf der Straße liegt, ist ein Kind Gottes.“
„Sonnenaufgang über Kalkutta – Von der Dunkelheit ins Licht“, Dokumentation, 88 Minuten, in ausgewählten Kinos in Deutschland, Österreich und der Schweiz