Liberale Sterbehilfegruppen tun sich zusammen

Bisher lagen drei Entwürfe für ein neues Gesetz zur Sterbehilfe vor: zwei liberale, ein eher konservativer. Nun haben sich die liberalen Gruppen zusammengetan, um bei einer Abstimmung im Bundestag mehr Stimmen zu bekommen.
Von Anna Lutz

Der Prozess um ein neues Sterbehilfegesetz geht in eine weitere Runde: Bereits im Januar hatten die Abgeordnetengruppen rund um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) angekündigt, sich zusammenschließen zu wollen.

Beide hatten zuvor unterschiedliche liberale Gesetzesentwürfe auf den Weg gebracht. Nun ist daraus einer geworden, der noch vor der Sommerpause zur Abstimmung gebracht werden soll. Ob sich eine Mehrheit der Abgeordneten dafür aussprechen wird, ist unklar. Er steht nun einem konservativeren Entwurf einer Gruppe um Kirchenpolitiker Lars Castellucci (SPD) und Thomas Rachel (CDU) gegenüber. 

Die liberale Gruppe fordert nun laut neuem Entwurf, das Recht für jeden, sein Leben aus freiem Willen heraus, auch mit Hilfe Dritter, zu beenden. Es darf allerdings keine akute psychische Störung vorliegen, der Sterbewillige muss über das Für und Wider der Entscheidung informiert und der Entschluss muss dauerhaft sein. 

Das Gesetz sieht eine Beratungspflicht innerhalb einer Zwölf-Wochen-Frist durch extra eingerichtete und staatlich anerkannte Stellen vor. Diese Beratungen dürfen ausdrücklich nicht „von einer Person vorgenommen werden, die an einer späteren Hilfe zur Selbsttötung beteiligt ist“.

Im Härtefall ohne Beratung

Doch das Gesetz bietet auch eine Ausnahmeregelung an. In Härtefällen soll es möglich sein, die Beratungspflicht zu umgehen. Dann ist nur ein zweiter Arzt vonnöten, der die Rechtmäßigkeit der Suizidbeihilfe bestätigt. Ein solcher Härtefall ist dann gegeben, wenn sich die Person in einem „existentiellen Leidenszustand mit anhaltenden Symptomen“ befindet oder bald befinden wird.

Das Gesetz soll sicherstellen, dass entsprechende tödliche Arzneimittel nach voriger Aufklärung des Patienten durch Ärzte verschrieben werden können. Jeder, egal welches Berufsstandes, darf laut Entwurf Hilfe zum Suizid leisten. Niemand aber darf dazu verpflichtet werden.

Hilfe bei Suizidgedanken

Denken Sie darüber nach, sich das Leben zu nehmen? Holen Sie sich Hilfe, zum Beispiel bei der Telefonseelsorge. Unter der kostenlosen Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die Ihnen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.

Katrin Helling-Plahr teilte am Dienstag dazu mit: „Menschen im Sterbeprozess verdienen Beistand und Unterstützung. Hilfe zur Selbsttötung sollte nicht bestraft, sondern mit Respekt behandelt werden.“

Abstimmung noch vor der Sommerpause

Noch vor der Sommerpause soll es nun zu einer Abstimmung im Bundestag kommen. Die Abgeordneten können sich dann – nach derzeitigem Stand – ohne Fraktionszwang zwischen diesem und einem weiteren konservativeren Entwurf entscheiden.

Die Gruppe um die Kirchenpolitiker Lars Castellucci (SPD), Thomas Rachel (CDU) und Konstantin von Notz (Grüne) plädiert für ein erneutes Verbot der organisierten, sogenannten geschäftsmäßigen Suizidassistenz, lässt aber in eng definierten Grenzen Ausnahmen zu. Voraussetzung für eine legale Hilfe bei der Selbsttötung wäre hier auch unter anderem eine ärztliche Begutachtung.


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