Ein Wissenschaftler-Team der Universitäten Mainz und Kiel sowie des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein hat im Wattenmeer den genauen Standort der einstigen Kirche von Rungholt ermittelt. Eine seit mehr als 100 Jahren diskutierte Forschungsfrage sei damit endgültig geklärt worden, heißt es in einer am Dienstag verbreiteten gemeinsamen Presseerklärung.
Mit Hilfe geophysikalischer Methoden sei in der Umgebung der Hallig Südfall eine bislang unbekannte, zwei Kilometer lange Kette mittelalterlicher Siedlungshügel erfasst worden. Eine dieser sogenannten Warften weise Strukturen auf, die „zweifelsfrei als Fundamente einer Kirche von 40 Meter mal 15 Meter Größe zu deuten sind“. Bohrungen und gezielte Ausgrabungen hätten die Vermutung inzwischen bestätigt.
Neue technische Methoden ermöglichten nun, auch die Sedimente unterhalb der einstigen Siedlungen zu betrachten, sagte Hanna Hadler vom Geographischen Institut der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die einstige Auflast der Warftenhügel habe gewissermaßen „Fußspuren“ hinterlassen, die noch heute messbar seien. Im Bereich der einstigen Kirche kämen Fundamentreste hinzu.
„Große Manntränke“
Um den einstigen nordfriesischen Handelsplatz Rungholt ranken sich zahllose Legenden. Die Siedlung war 1362 bei einer katastrophalen Sturmflut im Meer versunken, die als „Große Manntränke“ bekannt wurde und vermutlich Tausende Menschenleben forderte. Ob Rungholt wirklich existierte oder lediglich ein Mythos war, blieb lange Zeit unklar. Erst im 20. Jahrhundert begann rund um Südfall die systematische Suche nach Spuren der einstigen Siedlung.
Die bereits vor zehn Jahren begonnene systematische Erforschung des Wattenmeers um das einstige Rungholt soll nach Hadlers Angaben weiter fortgesetzt werden: „Unser Ziel ist es, dass wir soweit wie möglich einen Großteil der früheren Kulturlandschaft rekonstruieren.“