Die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland sind in den Augen der Bevölkerung nach wie vor die vertrauenswürdigsten Medien. Allerdings hat dieses Vertrauen abgenommen. Das zeigt die Mainzer Langzeitstudie zum Thema Medienvertrauen.
In der jüngsten Erhebung vom Dezember 2022 und Januar 2023 stuften 62 Prozent der Befragten die Öffentlich-Rechtlichen als sehr oder eher vertrauenswürdig ein. Damit schneiden diese zwar besser ab als Zeitungen, die knapp dahinter rangieren, und als Privatfernsehen und Boulevardmedien (21 und vier Prozent).
Doch im Vergleich zu früheren Erhebungen zwischen 2016 und 2020 ist der Wert für ARD und Co. jetzt am niedrigsten. Die Forscher von den Universitäten Mainz und Düsseldorf sehen darin allerdings keine völlige Erosion des Vertrauens: Der Anteil derer, die den Öffentlich-Rechtlichen eher oder gar nicht vertrauen, ist in den vergangenen Jahren konstant geblieben. Dafür ist die „kritische Mitte“, wie die Forscher sie nennt, größer geworden: diejenigen, die diesen Medien eingeschränkt Vertrauen entgegenbringen.
Medienvertrauen insgesamt höher als vor Corona
Eine Mehrheit hält die Informationsangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für wichtig und sieht darin einen wichtigen Beitrag für die Demokratie. Doch bei der wahrgenommenen Meinungsvielfalt gibt es Abzüge. Auch finden zwischen 37 und 40 Prozent der Befragten, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu eng mit der Politik verwoben ist, Geld verschwendet und zu bürokratisch und aufgebläht ist.
„Daraus lässt sich schlussfolgern, dass derzeit eine Mehrheit den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Institution im Prinzip gutheißt und bewahren will, seine konkreten Strukturen und Profile allerdings (…) auf mehr oder weniger starke Kritik stoßen“, schreiben die Forscher in ihrem Aufsatz zur Studie.
Insgesamt ist das Medienvertrauen auf einem hohen Niveau. Fast jeder Zweite findet, dass man den Medien bei der Berichterstattung über „wirklich wichtige Themen“ vertrauen kann, knapp jeder Dritte stimmt dem zumindest teilweise zu. Im Vergleich zu 2020, der Hochphase der Corona-Pandemie, ist der Vertrauenswert wieder etwas zurückgegangen: Damals sagten 56 Prozent, dass die Medien vertrauenswürdig sind.
Die Wissenschaftler führen diesen Spitzenwert auf das hohe Informationsbedürfnis während der Pandemie zurück. Der Ukraine-Krieg habe offenbar keinen vergleichbaren Effekt ausgelöst. Im Vergleich zu den Erhebungen vor der Pandemie liegt das Medienvertrauen 2022 höher.
Bei manchen verfestigt sich feindselige Haltung gegenüber Medien
Zum dritten Mal wurde in der Langzeitstudie erhoben, wie stark sich die Medien und ihr Publikum voneinander entfremden. Dabei zeigte sich insgesamt eine Verbesserung: Weniger Befragte als zuvor gaben an, dass ihre Meinungen und Themen, die ihnen wichtig sind, in den Medien außen vor bleiben.
Allerdings zeigte sich auch, dass sich vor allem Anhänger von SPD und Grünen sowie Menschen mit Abitur besser in den Medien vertreten fühlen. Nicht jedoch Menschen in Ostdeutschland sowie jene, die eine wirtschaftlich schlechtere Zukunft befürchten. Daher sprächen die Befunde „eher nicht für eine höhere mediale Inklusionsleistung der sozialen Gruppen, die sich bereits in der Vergangenheit
unzureichend repräsentiert fühlten“.
Zudem nähert sich der Anteil derer, die Medien systematische Lügen (14 Prozent), Manipulation und eine Verschwörung mit der politischen Elite vorwerfen (21 Prozent), dem Niveau der Vor-Corona-Jahre an. 2020 hatte er etwas abgenommen, nun ist er wieder gestiegen. Die Forscher sehen darin ein Anzeichen, dass sich der Kern derjenigen, die den Medien ablehnend und feindselig gegenüberstehen, langfristig verfestigt.
Für die aktuelle Untersuchung der Mainzer Langzeitstudie zu Medienvertrauen wurden 1.200 Personen ab 18 Jahren im Dezember 2022 und Januar 2023 telefonisch befragt. Eine erste Erhebung fand 2008 statt, zwischen 2015 und 2020 wurde jährlich eine Befragung durchgeführt.