Meinung

Es muss eine Theologin an den Tisch!

18 Experten werden die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin stellen. Unter ihnen ist kein Kirchenvertreter: eine verpasste Chance.
Von Johannes Schwarz
Tisch und zwei Stühle

Am Dienstag hat das Bundesgesundheitsministerium in der Debatte um eine mögliche Regelung der Abtreibung außerhalb des Strafrechts eine Expertenkommission berufen. In dieser Kommission sind 18 Experten aus den Bereichen Ethik, Medizin, Verfassungsrecht, Familienrecht und Öffentliches Recht vertreten.

Theologen oder andere Vertreter religiöser und gesellschaftlicher Akteure werden außen vor gelassen. Dies ist eine verpasste Chance.

Doch nochmal zum Grundsätzlichen: Die Ampelkoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatte bereits im Koalitionsvertrag eine solche Kommission vereinbart. Neben dem Abtreibungsrecht sollen weitere Themen der sogenannten „reproduktiven Rechte“ diskutiert werden.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) hatte kürzlich ihre Forderung wiederholt: Der Abtreibungsparagraf 218 gehöre nicht in das Strafgesetzbuch. Die Kommission hat nun den konkreten Auftrag, Wege aufzuzeigen, wie dies funktionieren könnte und ob ein Abtreibungsrecht außerhalb des Strafgesetzbuchs überhaupt gesetzeskonform ist. Schließlich ist das Grundgesetz bindend.

Gesellschaftlicher Konsens in Gefahr

Die Ergebnisse der Kommission sind wegweisend für Politik und Gesellschaft, denn die Bundesregierung kündigte bereits an, ihre Politik an den Ergebnissen ausrichten zu wollen. Umso wichtiger ist es, dass die Kommission gesamtgesellschaftlich anerkannt wird und ist. Doch gelingt dies wirklich?

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nennt die Berufenen „hochdekorierte“ Experten. Das sind die 18 Mitglieder der Kommission auch: 15 Professorinnen und drei Professoren. Alle mit mächtig viel Expertise in ihren Disziplinen. Doch kann das sehnsüchtig erwartete Ergebnis der Kommission einen gesellschaftlichen Kompromiss im Abtreibungsrecht herbeiführen?

Die Antwort bleibt offen. Wichtig ist und bleibt, dass kirchliche und gesellschaftliche Vertreter in der Kommission und in der gesamten Debatte gehört werden. Daher ist es eine verpasste Chance, dass keine Theologin Mitglied ist. Auch wenn Männer gleichberechtigt über das Thema sprechen sollten, haben Frauen in der Debatte einen anderen Blick und sind besonders gefragt. Wenn schon nicht eine Theologin oder Vertreter von Kirchen berufen wurden, sollten sie nun die Chance erhalten, sich auf anderen Wegen an der Kommission zu beteiligen – etwa durch Aussprachen oder Unterrichtungen.

Forderungen an die Kommission und die Politik sind bereits zu vernehmen: Der Caritasverband mahnt, dass das Selbstbestimmungsrecht der Frauen und das Lebensrecht des ungeborenen Kindes gleichermaßen geschützt werden müssen. Das verpflichtende Beratungsgespräch für Frauen, die überlegen ihr Kind abzutreiben, solle erhalten bleiben, sagt der Verband. Es sind genau diese Stimmen, die die Kommission und eben auch die Vertreter der Ministerien hören sollten. Denn nur wenn auch kirchliche Stimmen vorkommen, kann ein gesamtgesellschaftlicher Konsens zustande kommen. Dies ist sicher auch im Sinne von Familienministerin Paus.

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