Am 9. September verstarb Queen Elizabeth II. im Alter von 96 Jahren. Die Welt nahm Anteil am Tod der am längsten regierenden Monarchin Großbritanniens. Die Queen war nicht nur bekannt für ihre charmante Art und ihren feinsinnigen Humor, sondern auch für ihren tiefen christlichen Glauben.
In die Fußstapfen der beliebten Königin ist nun ihr Sohn König Charles III. getreten – aber wie hält er es mit der Religion?
Überblick
Der König ist automatisch „Defender of the Faith“
Bereits 2015 kündigte Charles III., damals noch Prinz von Wales, gegenüber der BBC an, „Defender of the Faith“ (Verteidiger des Glaubens) sein zu wollen.
Diesen Titel trug mit König Heinrich VIII. 1521 erstmals ein englischer Herrscher. Nachdem Heinrich VIII. jedoch mit der katholischen Kirche brach, wurde ihm dieser Titel wieder aberkannt. Später trug Heinrich VIII., ebenso wie nachfolgende Könige, den Titel wieder.
Er wurde allerdings vom englischen Parlament verliehen und meinte von nun an vielmehr den Verteidiger des anglikanischen Glaubens. Auch Queen Elizabeth II. trug als weltliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche diesen Titel.
Charles III. sprach bereits 1994 öffentlich über seine Gedanken zum Titel. Er spielte mit der Idee, anders als seine Mutter, den Titel zu „Defender of Faith“ (Verteidiger von Glauben), also ohne das „the“, abändern zu lassen. Er würde also nicht mehr einen bestimmten, nämlich den christlichen Glauben anglikanischer Prägung verteidigen, sondern Glauben generell. Dafür wurde er heftig kritisiert. Würde er als König der anglikanischen Kirche würdig vorstehen?
Wie die Zeit berichtet, ging Charles III. noch vor der Beisetzung seiner Mutter im Buckingham-Palast vor Klerikern auf die Kritik ein: „Ich bin überzeugter anglikanischer Christ. Bei meiner Krönung werde ich einen Eid auf die Kirche von England schwören, so wie ich bereits bei der Akklamation einen Eid auf den protestantischen Glauben in Schottland abgelegt habe.“
Charles III. teilt den Glauben der Mutter – „an den Menschen“?
In dem Interview 2015 mit der BBC gab Charles III. nämlich an, dass er beim traditionellen Titel bleiben wolle. Obwohl er der König ist, hätte er sich ohnehin nicht alleine dafür entscheiden können: Eine solche Abänderung des Titels kann nämlich nur das Parlament bescheiden.
In seiner ersten Weihnachtsansprache als König sprach Charles III. über das Weihnachtslied „O Little Town of Bethlehem“ und die Textzeile „… in deinen dunklen Straßen das ewige Licht scheint.“ Der Glaube seiner Mutter an die „Kraft dieses Lichts war ein wesentlicher Teil ihres Glaubens an Gott, aber auch ihres Glaubens an die Menschen, den ich von ganzem Herzen teile.“
Damit kommunizierte der Monarch nicht ganz eindeutig – womöglich mit Absicht. Denn unklar blieb, ob Charles III. den Glauben seiner Mutter „an Gott“ oder „an den Menschen“ oder an beide „von ganzem Herzen“ teilt.
In seiner Ansprache erzählte Charles III. von seiner Sicht auf den christlichen Glauben. Und auch von einem Besuch der Geburtskirche in Bethlehem vor einigen Jahren. Dort habe er „in stiller Ehrfurcht“ gestanden.
„Es bedeutet mir mehr, als ich in Worte fassen kann, an der Stelle zu stehen, wo, wie uns die Bibel sagt, ‚das Licht, das in die Welt gekommen ist’, geboren wurde.“
Charles Interesse an anderen Religionen
Charles III. ist bisher eher weniger durch seinen christlichen Glauben aufgefallen. Offen dagegen sprach er sich bereits als Prinz von Wales in den 70er und 80er Jahren für Klima- und Umweltschutz aus. Das brachte ihm den Spitznamen „Öko-Prinz“ ein.
Im Rahmen seiner Bemühungen zur Rettung des Klimas traf sich der jetzige König 2019 mit kanadischen Ureinwohnern. Von ihnen wollte er lernen, „wie wir das Gleichgewicht wiederherstellen und beginnen können, ein Gefühl für das Heilige wiederzuentdecken, denn die Natur – Mutter Natur – ist unser Erhalter, wir sind Teil der Natur.“
Neben Umweltschutz zeigte Charles III. in der Vergangenheit auch reges Interesse an anderen Religionen – vor allem am Islam. Im Oktober 1993 hielt er in Oxford eine Rede, in der er bemängelte, dass das Bild des Islam durch eine fundamentalistische Minderheit geprägt werde. Dabei seien die Leitprinzipien des Islam von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit geprägt.
In Bezug auf Umweltschutz könne der Islam „uns heute eine Art und Weise lehren, die Welt zu verstehen und in ihr zu leben, die das Christentum verloren hat, weil es ärmer ist.“ Der Islam dagegen zeige eine ganzheitliche Sicht auf das Universum. Charles trenne nicht „Mensch und Natur, Religion und Wissenschaft, Geist und Materie“.
In derselben Rede machte sich Charles III. auch für eine Stärkung des christlich-muslimischen Dialogs stark.
Esoterik und Homöopathie
Charles III. ist bekannt als Verfechter von Alternativmedizin, zum Beispiel Homöopathie. Dass diese wissenschaftlich unhaltbar ist, ist dem Monarch egal, sagte der Mediziner Edzard Ernst im Herbst 2022 dem Spiegel. Ernst war „weltweit erster Lehrstuhlinhaber für Komplementär- und Alternativmedizin“ an der University of Exeter und beschäftigte sich wissenschaftlich und kritisch mit alternativen Heilungsansätzen.
Am neuen König lässt der Forscher kaum ein gutes Haar: „Er hat sogar selbst gesagt, er sei stolz darauf, als Feind der Aufklärung beschimpft zu werden. Diese Wissenschaftsfeindlichkeit zieht sich wie ein Leitmotiv durch sein Denken und Leben.“
Jetzt, da Charles III. der neue König sei, sei es wichtig, „dass die Menschen wissen, wie er tickt“. Tatsächlich habe auch die Queen lange Zeit einen homöopathischen Leibarzt gehabt. „Aber bei Charles, denke ich, liegen die esoterischen Neigungen tiefer“, so Ernst. „Er ist zwar auch von der Homöopathie überzeugt und behandelt sogar die Kühe auf seinem Anwesen Highgrove mit Globuli.“
Christlicher Glaube in der Krönungszeremonie
In der Krönungszeremonie des neuen Königs spielt der christliche Glaube naturgemäß eine große Rolle. So wird beispielsweise ein Psalm erklingen, den der berühmte Komponist Andrew Lloyd Webber komponiert hatte. Er basiert auf Psalm 98. Darin geht es auch um einen König – nämlich Gott: „Mit Trompeten und Posaunen jauchzet vor dem HERRN, dem König!“
Sogar das Krönungsöl basiert auf biblischen Vorgaben und soll „eine moderne Version des von Moses aus Myrrhe, Zimt und Olivenöl hergestellten Öls“ sein.
So glaubte die Queen
Für Queen Elizabeth II. spielte die christliche Religion eine größere Rolle als für ihren Sohn Charles. „Die Lehren Jesu waren immer mein inneres Licht“, sagte sie zum Beispiel in ihrer Weihnachtsansprache im vergangenen Jahr.
Mit dem evangelikalen US-Evangelisten Billy Graham, der 2018 starb, soll sie zudem befreundet gewesen sein und des Öfteren seinen geistlichen Rat gesucht haben.
Auch Experten bescheinigen der Queen einen „tiefen Glauben“, berichtet die Washington Post. Sie lese täglich in der Bibel, besuche wöchentlich den Gottesdienst und bete regelmäßig, sagte Stan Rosenberg von der Theologischen Fakultät der Universität Oxford.
Sie werde zwar unter anderem für ihren Umgang mit dem Tod von Prinzessin Diana kritisiert und für einige politische Ansichten, das britische Volk habe sie jedoch für ihre christlichen Überzeugungen verehrt, sagte Rosenberg. Ihr Glaube sei ernsthaft und authentisch und sie sei fromm. Das wirke auf die Bevölkerung aber nicht aufdringlich.
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Die christliche Prägung erfuhr Elizabeth II. schon im Kindesalter. Ihre Mutter soll ihr und ihrer Schwester Margaret regelmäßig aus der Bibel vorgelesen haben. Öffentlich über ihren Glauben spricht die Queen erst seit ihrer TV-Weihnachtsansprache im Jahr 2000. Seitdem gewähre sie den Menschen immer mal wieder etwas intimere Einblicke in ihr Glaubensleben, schreibt die Post.
Hintergrund: Die anglikanische Kirche
Die anglikanische Kirche hat ihre Wurzeln im 16. Jahrhundert. König Heinrich VIII. brach mit dem Papst und der Kirche, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Die englischen Bischöfe erkannten den König als und nicht den Papst als Oberhaupt der englischen Kirche an. Die anglikanische Kirche ist inhaltlich der Katholischen Kirche nahe. Unterschiede gibt es dennoch.
Grundlage des Glaubens ist die Bibel, aber auch die römisch-katholische Tradition. Allerdings ist das Zölibat für Priester und Ordensleute nicht verpflichtend. Zudem können auch Frauen das Weihsakrament erhalten. Die Anglikanische Kirche sieht sich wie auch die evangelische als Teil der großen christlichen Kirche, bei der alle Konfessionen gleichberechtigt sind. Die katholische Kirche sieht sich dagegen als einzig wahre Kirche.
Bis heute ist der Monarch das Kirchenoberhaupt. Zudem sitzen im britischen House of Lords die beiden Erzbischöfe und 24 weitere Bischöfe der Church of England.
Fazit
Der Glaube an Gott ist eine sehr persönliche Sache. Deswegen ist es auch schwierig, zu beurteilen, ob und wie jemand glaubt. Anhand der öffentlichen Äußerungen von Charles III. lässt sich aber feststellen: Der neue König unterscheidet sich von seiner Mutter Elizabeth II., die einen sehr tiefen christlichen Glauben hatte. Charles III. zeigt sich offener auch für andere Glaubensrichtungen. Trotzdem muss er in seiner Rolle als weltliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche seine Rolle als „Verteidiger des Glaubens“ ausfüllen.