Weniger Kirchenasyle, aber mehr Anfragen

Fälle von Kirchenasyl sind in Deutschland rückläufig. Die Zahl der Anfragen ist hingegen gestiegen.
Bisheriger Blick ins Innere der Abteikirche

Die Zahl der Kirchenasyle in Deutschland ist gesunken. Anfang Dezember habe es 320 Fälle von Kirchenasyl gegeben, sagte Genia Schenke, Geschäftsführerin der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Kirchenasyl, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch in Berlin. Diese Fälle umfassten insgesamt 516 Personen, davon 115 Kinder.

Zum 20. Dezember 2021 hatte die Arbeitsgemeinschaft noch 360 Fälle von Kirchenasyl mit 571 Schutzsuchenden erfasst, davon 123 Kinder. Die Zahl der Anfragen nach Kirchenasylen habe sich im Vergleich zum Vorjahr allerdings deutlich erhöht, sagte Schenke. Genaue Zahlen dazu sammele die Arbeitsgemeinschaft allerdings nicht. Das Lagebild ergebe sich aus Rückmeldungen von deren Netzwerken, hieß es.

Beim Kirchenasyl werden Asylsuchende ohne legalen Aufenthaltsstatus zeitlich befristet in Kirchengemeinden beherbergt. In Härtefällen soll damit eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation verhindert und der Fall erneut geprüft werden.

Die häufigsten Herkunftsländer der Schutzsuchenden seien Iran, Irak, Afghanistan und Syrien, teilte Schenke mit. Mehr als 90 Prozent der aktuell laufenden Kirchenasyle seien sogenannte Dublin-Fälle. In diesen Fällen betrachten die Behörden andere EU-Staaten als zuständig für das Asylverfahren. 98 Prozent der im Jahr 2022 beendeten Kirchenasyle seien erfolgreich gewesen. Entweder sei also ein Bleiberecht gewährt worden oder die Bearbeitung der Dublin-Fälle doch noch in deutsche Verantwortung übergegangen, sagte Schenke. Ob am Ende der Verfahren tatsächlich jeweils ein Bleiberecht stand, erfahre die Arbeitsgemeinschaft meist nicht.

In Nordrhein-Westfalen gibt es laut dem Ökumenischen Netzwerk Asyl in der Kirche NRW besonders viele Anfragen nach Kirchenasyl. Etwa 220 Anfragen lägen den Kirchengemeinden und dem Netzwerk vor, sagte der Vorsitzende, Pfarrer Joachim Poggenklaß, dem epd. Aktuell seien in dem Bundesland 166 Menschen in 129 Kirchenasylen, rund 80 Prozent seien Dublin-Fälle.

Es bestehe keine realistische Chance, alle Menschen, die aktuell um Kirchenasyl bitten, unterzubringen, sagte Poggenklaß. Hinter den 220 Anfragen stünden mehr Menschen, weil auch Familien dabei seien.

epd
Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen