In den Medienberichten zur Fußball-Weltmeisterschaft müsse mehr auf die mangelnde Religionsfreiheit in Katar hingewiesen werden. Das hat der ehemalige Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, gefordert. Der Politiker ist seit kurzem Honorarprofessor für Politische Ethik und Religionsfreiheit an der Freien Theologischen Hochschule (FTH) Gießen. Nicht nur die in Katar lebenden Arbeitsmigranten und der zur LGBT-Bewegung gehörenden Menschen würden unterdrückt, sondern auch viele Anhänger nicht-islamischer Religionen, ließ Kauder über eine Pressemitteilung der Hochschule verlauten. Viele Gastarbeiter in Katar seien Christen und sie lebten unter „miserablen“ Bedingungen.
Unter den 2,84 Millionen Einwohnern von Katar leben etwa 370.000 Christen, die meisten von ihnen seien Arbeitsmigranten, sagt der Pressesprecher des christlichen Hilfswerks Open Doors, Ado Greve. Im PRO-Podcast „Reingegrätscht“ zur Fußball-WM sprach er über die schwierige Lage für Christen in dem Land. Sie seien dankbar dafür, dass sie überhaupt Gottesdienste feiern dürften, auch wenn diese einer strengen Kontrolle unterlägen. „Das ist auf der arabischen Halbinsel nicht selbstverständlich.“ Als Gastarbeiter litten sie aber unter vielen Einschränkungen der persönlichen Freiheit. Wegen ihres christlichen Glaubens würden viele zusätzlich schikaniert und bedroht. Besonders die Frauen unter den Gastarbeitern seien Missbrauch und Gewalt ausgesetzt.
Konvertiten leiden am meisten
Weil der Islam Staatsreligion sei, folge die Gesetzgebung der Scharia. „Das heißt, Christen dürfen mit Ausnahme der ganz streng regulierten Gottesdienste ihren Glauben nicht öffentlich zeigen“, sagte Greve. Die Kommunikation, auch in den sozialen Medien, werde überwacht und zensiert. „Mission ist in dem Land verboten.“ Im Weltverfolgungsindex 2022 von Open Doors ist Katar derzeit auf Rang 18 zu finden.
Am meisten seien die einheimischen Kataris, die Christen sind, von Verfolgung betroffen, sagte Greve. Denn sie seien vom Islam zum Christentum konvertiert und hätten häufig über das Internet oder Auslandsreisen zum Glauben gefunden. „Wenn ihr Glaubenswechsel bekannt wird, werden sie von ihrer Familie und den Behörden massiv unter Druck gesetzt, zum Islam zurückzukehren.“ Greve hofft, dass sich durch Begegungen von ausländischen Christen mit der einheimischen Bevölkerung während der WM etwas zum Positiven wendet.
Auch die Deutsche Evangelische Allianz (EAD) bemängelt, dass die Einschränkung der Religionsfreiheit in Katar zu wenig thematisiert werde. Viele Arbeitsmigranten, etwa von den Philippinen, seien Christen. Sie könnten ihren Glauben jedoch nur bedingt frei leben, indem sie eine der neuen Kirchen im separaten „Mesaymeer Religiongskomplex“ in Doha besuchten, die staatlich überwacht würden. Außerhalb dieses Komplexes seien religiöse Versammlungen seit September 2020 verboten – offiziell aus Corona- und Sicherheitsgründen. Die Verfolgung für Konvertiten zeige sich zudem über Verfolgung durch Staat und Familie, Diskrimierung und Jobverlust bis hin zum sogenannten Ehrenmord. Konvertiten könnten ihren christlichen Glauben nur im Geheimen leben.
Eine Antwort
Ist in Ordnung, Herr Kauder.