Fromme Wünsche an ARD und Co.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steckt in der Krise. Der Skandal an der Spitze des RBB stellt auch viele grundsätzliche Anfragen an das System, die schon lange brodeln. Dabei ist das Modell an sich eine besondere und wertvolle Einrichtung.
Von Jonathan Steinert
Fernsehturm Berlin, Rundfunk

Die öffentlich-rechtlichen Sender sind im Medienbetrieb machmal ein wenig das, was die Deutsche Bahn im Verkehr ist: Fast jeder Nutzer kann davon berichten, was dabei schon schief gelaufen ist. Die Palette ist breit – zu viele Krimis, wahlweise zu spröde oder zu flache Charaktere, zu wenig wirklich originelle Unterhaltung, zu konfrontative Talkshows, zu viele Sondersendungen, zu einseitige Berichterstattung, zu erzieherisch auftretende Journalisten, zu sexualisierte Jugendsendungen und überhaupt: zu hohe Kosten.

Von „Zwangsgebühr“ sprechen manche zuspitzend mit Blick auf die Finanzierung, von „Staatsfunk“ mit Blick auf Inhalt und Struktur. Die Fülle der Kritik ist an sich nicht überraschend, weil jedes öffentliche Gut öffentlicher Kritik ausgesetzt ist.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist jedoch etwas Besonderes. Er ist als Mediensystem für die Allgemeinheit der demokratischen Gesellschaft konzipiert, wird von ihr finanziert, kontrolliert und muss deshalb auch besonderen Ansprüchen genügen. Die sind gesetzlich in Staatsverträgen der Bundesländer mit den Rundfunkanstalten festgehalten. Gerade ist eine Neufassung des zentralen Medienstaatsvertrages in Arbeit, der den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch präziser formuliert als bisher. Demnach sollen die Sender

  • der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dienen
  • einen umfassenden Überblick über das regionale, nationale und internationale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen geben
  • den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Diskurs fördern und ein Angebot für alle machen
  • der Kultur, Bildung, Information, Beratung dienen sowie der Unterhaltung, sofern sie einem öffentlich-rechtlichen Profil entspricht


In der Novelle des Vertrags, die nach der Verabschiedung durch die Länder Mitte 2023 in Kraft treten soll, ist auch ausdrücklich festgehalten, dass die Berichterstattung des öffentlich-­rechtlichen Rundfunks „in besonderem Maße der Einhaltung journalistischer Standards“ verpflichtet ist – also sachlich, wahrheitsgemäß, unabhängig, unparteiisch, objektiv, ausgewogen erfolgen soll. Zugleich bekommen die ehrenamtlichen Aufsichtsgremien ein stärkeres Gewicht: Sie sollen Qualitätsstandards festlegen und ein Verfahren, um diese auch überprüfen zu können.

In den Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks engagieren sich ehrenamtliche Mitglieder. Sie sollen die Vielfalt der Gesellschaft abbilden und die Interessen der Allgemeinheit in den Gremien vertreten. Entsandt werden sie zum Beispiel von Religionsgemeinschaften, Sport-, Umwelt- oder Wirtschaftsverbänden. Das ist in den Staatsverträgen festgelegt. Der öffentlich-­rechtliche Rundfunk soll auf diese Weise staatsfern organisiert sein, er verwaltet sich selbst. Die Politik legt die Rahmenbedingungen und den Auftrag fest und muss ein Verfahren für die Finanzierung sicherstellen. Die Sender müssen dafür einen Bedarf anmelden, dann berechnet eine unabhängige Kommission von Wirtschaftsexperten, ob der Bedarf gerechtfertigt ist, und spricht eine Empfehlung über die Höhe des Rundfunkbeitrags aus. Das müssen dann die Bundesländer noch offiziell verabschieden. Werbung ist nur zu bestimmten Zeiten und für begrenzte Zeit erlaubt. Die genaue Ausgestaltung des Rundfunks hat das Bundesverfassungsgericht durch mehrere wegweisende Urteile mitgeprägt.

Die neue Fassung kommt gerade zur rechten Zeit. Denn es knirscht gewaltig im Getriebe. Im Sommer sorgte der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) für einen Skandal, als das Branchenmagazin Business Insider aufdeckte, wie es an der Spitze des Senders unter der Führung von Patricia Schlesinger zuging. Die kostenintensive Renovierung und Ausstattung ihres Büros war da noch das kleinere Problem. Es zeigte sich, dass bei den Ausgaben und beim Abfassen des Arbeitsvertrags der Intendantin offenbar die Kontrollmechanismen durch den Verwaltungsrat nicht funktioniert haben. Dazu kamen offensichtliche private Interessenkonflikte und mutmaßliche Vetternwirtschaft. Fast täglich kamen neue Details ans Licht.

Mehr zum Thema

» Wer kontrolliert den Rundfunk?

Aber auch andere Sender standen wenig später im Fokus: Beim NDR wurde offenbar ein lukrativer Beratervertrag mit privaten Interessen vergeben, im Landesfunkhaus Kiel warfen Mitarbeiter ihren Vorgesetzten vor, journalistische Berichte blockiert zu haben. Die Spitzen der öffentlich-­rechtlichen Sender sind alarmiert: Eine Person aus dem Kreis der neun ARD-Intendanten äußerte gegenüber PRO, es mache ihr „auch persönlich Angst“, wenn sie beobachte, wie schnell es passieren kann, dass man in dieser Position durch die Medien, auch durch die eigenen, an den öffentlichen Pranger gestellt werde.

Die dadurch ausgelöste Debatte hat Anfragen an das gesamte öffentlich-rechtliche System gestellt. Und gleichzeitig deutlich gemacht, wie wichtig Journalismus ist, der Skandale aufdeckt.

Unter Rechtfertigungsdruck

Der gemeine Beitragszahler wird sich bei Intendantengehältern von oft mehr als 300.000 Euro pro Jahr die Augen reiben und sich fragen, wo sein Geld hinfließt. Aber entscheidend ist: Was hat der Nutzer von seinen Gebühren, die er verpflichtet ist zu zahlen? Sehr viel! Allein die schiere Menge und Vielfalt der Angebote ist überwältigend. Jede der neun Landesrundfunkanstalten strahlt ein regionales Fernseh- und mehrere Hörfunkprogramme aus. Das Erste, Deutschlandradio und ZDF bieten zudem bundesweite Vollprogramme an.

Dazu kommen digitale Spartensender wie Phoenix und gemeinsame Angebote wie der Kultursender 3sat, Kika oder das Jugend-Netzwerk funk. Zahlreiche Inhalte stehen in Mediatheken und Audiotheken auf Abruf zur Verfügung. Gemessen an dieser Vielfalt an Informationen, Unterhaltung, Musik, Sport, Kultur und regionalen Inhalten ist es kaum gerechtfertigt, „dem“ öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit mehreren tausend Beschäftigten pauschal etwa eine einseitige Berichterstattung vorzuwerfen.

Das Modell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist eine Antwort auf den Missbrauch der Medien im Nationalsozialismus. Die damalige Reichsführung nutzte den Anfang der 30er Jahre verstaatlichten Rundfunk gezielt für die flächendeckende Verbreitung ihrer politischen Propaganda. Das sollte nicht mehr möglich sein. Ein privater kommerzieller, werbefinanzierter Rundfunk wie in den USA hätte sich im zerstörten Nachkriegsdeutschland nicht tragen können. Deshalb etablierten die West-Alliierten ein System, das sich an die britische BBC anlehnt, aber dezentral organisiert ist, mit regionalen Sendern in den Besatzungszonen. Aus denen gingen in der Bundesrepublik schließlich die verschiedenen Landesrundfunkanstalten hervor, die sich 1950 in der ARD – der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-­rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland – zusammenschlossen. 1961 kam das ZDF dazu, 1994 der Deutschlandfunk. Politisch sind die Länder dafür zuständig, die Bundesregierung ist nur für die Deutsche Welle als Auslandssender verantwortlich.

Wenn Beitragszahler ungefragt den Rundfunk finanzieren, muss der aber das Angebot rechtfertigen. Deshalb dürfen und sollten Nutzer hinterfragen, ob bestimmte Inhalte und Themensetzungen dem Auftrag entsprechen. Zum Beispiel ob es für seinen Bildungsauftrag tatsächlich erforderlich ist, schwule Männer beim Sex auf Drogen mit der Kamera zu begleiten, wie es ein Beitrag im Jugendangebot funk tat. Oder ob es den Usedom-, Barcelona-, Zürich-, Bozen-, Tel-Aviv-, Kroatien- und Amsterdam-Krimi im Ersten nebst dem Taunus-, Erzgebirgs- und Spreewaldkrimi im Zweiten sowie einige weitere Krimireihen braucht, um Unterhaltung im öffentlich-rechtlichen Sinne zu machen.

Das Statistik-­Unternehmen Statista untersuchte, welche Parteien während der vergangenen Legislaturperiode wie oft in den Talkshows von ARD und ZDF vertreten waren im Verhältnis zu ihren Sitzen im Bundestag.

Dabei zeigte sich, dass Vertreter von SPD und vor allem der Grünen überproportional häufig zu Gast waren. CDU-­Politiker waren leicht unterrepräsentiert, Linkspartei und AfD kamen im Verhältnis zu ihren Mandaten noch seltener vor. Es wäre kleinlich, von den Redaktionen Strichlisten zu verlangen, wer wie oft eingeladen wird. Aber diese Aufstellung zeigt, dass die geforderte Ausgewogenheit ein Qualitätskriterium ist, um das sich die Redaktionen aktiv bemühen müssen.

Statistik: Vergleich der Parteizugehörigkeit der Politiker in den politischen Talkshows von ARD und ZDF und dem Sitzanteil im Deutschen Bundestag im Jahr 2021 | Statista

Angebot für alle?

Für Aufregung sorgte vor zwei Jahren eine Umfrage unter 86 ARD-Volontären nach ihren Wahlpräferenzen. Die ergab, dass mehr als 90 Prozent von ihnen linke Parteien wählen, die meisten von ihnen die Grünen. Der Journalismus und womöglich die öffentlich-rechtlichen Sender noch in höherem Maße, zieht tendenziell eher politisch links orientiertes Personal an. Das haben schon frühere Befragungen gezeigt und das sagt gegenüber PRO auch einer, der den öffentlich-rechtlichen Rundfunk seit vielen Jahren auch in Schlüsselpositionen erlebt hat.

Das bedeutet nicht, dass die Berichterstattung automatisch parteipolitisch gefärbt ist. Aber ihr Weltbild geben Journalisten nicht am Eingang zum Funkhaus ab und bei aller Professionalität ergeben sich aus dem eigenen Blick auf die Welt auch journalistische Fragestellungen und Einschätzungen. Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der Wochenzeitung Die Zeit, stellte in einem Kommentar fest, es gebe „heute im öffentlich-rechtlichen Fernsehen keine einzige profilierte konservative Stimme mehr“.

Finden sich größere Teile der Bevölkerung in der Berichterstattung nicht wieder, hat der Rundfunk auf Dauer ein Akzeptanzproblem.

Das ist insofern ein Problem, als der öffentlich-rechtliche ­Rundfunk ein Angebot für alle anbieten soll. Finden sich nun größere Teile der Bevölkerung in der Berichterstattung, in der Themenauswahl, in den grundlegenden Deutungen des Geschehens nicht wieder, hat der Rundfunk auf Dauer ein Akzeptanzproblem. Noch dazu bei einer ungeliebten Gebühr, die 84 Prozent der Deutschen abschaffen wollen – so will es das Meinungsforschungsinstitut INSA laut Bild-Zeitung herausgefunden haben.

Solche Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen, zumal sie inmitten einer handfesten Krise und bei denkbar schlechter Presse über das erfragte Thema erhoben wurden. Die Bereitschaft, auch auf das ganze Programm zu verzichten, dürfte deutlich geringer sein.

Es ist nun einmal so: Ein großes Angebot kostet auch viel Geld. Und das Angebot ist groß und aufs Ganze gesehen auch von sehr hoher Qualität. Die Frage ist nur: Landet das Geld der Gebührenzahler dort, wo die Inhalte gemacht werden, also bei den Kreativen, den Journalisten, den „Handwerkern“ des Rundfunks? Oder versickert es in aufgeblähten Strukturen und außertariflich bezahlten Posten? Und schafft es der öffentlich-rechtliche Rundfunk, seinem Auftrag eines Programms „für alle“ gerecht zu werden? Und sind andererseits dafür wirklich rund 90 Fernseh- und Hörfunkkanäle nötig?

Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk hat einen hohen Wert für die demokratische Gesellschaft, er schafft Teilhabe und eine umfassende Informationsbasis für die Meinungsbildung. Das Modell – eine Medieninstitution mit einem qualitativ hochwertigen Angebot, das als Allgemeingut von der Allgemeinheit getragen wird, dazu ein Programm, zu dem mehrere regionale Medien gemeinsam beitragen – hat eine integrierende Funktion.

Das ist nicht zu unterschätzen, gerade in einer Zeit von Krisen und starken gesellschaftlichen Fliehkräften. Zu einem Teil unterliegt der öffentlich-rechtliche Rundfunk dem Trend, dass gesellschaftliche Institutionen wie auch die Kirchen oder Parteien generell an Bindungskraft verlieren. Aber er hat es zu einem guten Teil auch selbst in der Hand, ob die Bürger ihm vertrauen.  

Fromme Wünsche

Dass dafür Reformen notwendig sind, ist offenkundig. Vorschläge von der Zusammenlegung von Anstalten, Reduzierung der Programme bis zur Privatisierung des ZDF wurden bereits in die politische Diskussion eingebracht. PRO hat zudem ein paar fromme Wünsche an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk:

DEMUT

Wenn mündige Bürger eines nicht ausstehen können, dann Bevormundung. Dieses Gefühl entsteht dann, wenn jemand das Gefühl hat, ein anderer sagt ihm, was er zu tun und zu denken habe. Eine moralisch aufgeladene Bericht­erstattung, die zwischen oder in den Zeilen gleich die Bewertung mitliefert, ob etwas gut oder schlecht ist, befördert diese Wahrnehmung. Womöglich ohne Absicht kann es ein bestimmter Habitus einzelner Journalisten sein, der bei Zuschauern einen solchen Eindruck erweckt.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist keine Moral- oder Erziehungsinstanz hin zu einer bestimmten Haltung, sondern soll Menschen befähigen, selbst Entscheidungen zu treffen. Journalismus braucht die Augenhöhe zu seinem Publikum. Deshalb sollte er sich auch nicht in den Dienst von gesellschaftlichen Trends und Bewegungen stellen – das gesprochene Gender-Sternchen lässt grüßen. Journalismus und Aktivismus müssen verschiedene Dinge bleiben.

UNABHÄNGIGKEIT

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird zuweilen als „Staatsfunk“ geschmäht, obwohl er das durch seine Struktur gerade nicht sein will. Politiker haben jedoch durchaus ein Interesse daran, Einfluss auf die Sender und ihre Ausrichtung zu nehmen, das war in der Geschichte der Öffentlich-Rechtlichen immer wieder der Fall. Davon sollte sich der Rundfunk unabhängig machen können. Etwa indem weniger oder keine politischen Amts- und Mandatsträger mehr in den Aufsichtsgremien sitzen – eine Entscheidung, die jedoch in Parlamenten getroffen werden müsste.

Die Rundfunkgebühr abzuschaffen, um die Sender über Steuern aus dem Länderhaushalt zu finanzieren, könnte dem Ziel der Unabhängigkeit entgegenlaufen. Denn dann wäre der Staat direkt Geldgeber für das System. Doch in der Wahrnehmung vieler ist es ohnehin der Staat, der den Rundfunk finanziert. Eine Alternative könnte eine Finanzierung über Stiftungen sein, wie der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen vorschlug.

BESCHEIDENHEIT

ARD, ZDF und Deutschlandradio haben im vergangenen Jahr mehr als 8,4 Milliarden Euro an Rundfunkgebühren eingenommen. Das wird sicher gebraucht, wenn alles so bleibt, wie es ist. Aber das muss es nicht. Wo es Potenzial zum Sparen gibt, muss in den Sendern und von Rundfunkpolitikern diskutiert werden. Weniger Angebot kann am Ende mehr sein, wenn dafür hohe Qualität garantiert ist.

Klar ist: Vorrang muss die Finanzierung der Inhalte haben und des Personals, das sie erstellt. Und es sollte erwogen werden, bei den Beiträgen für den Rundfunk das Haushaltseinkommen zu berücksichtigen. Das wäre mit einer Finanzierung aus Steuern einfacher zu organisieren.

NÄHE

Die ARD wirbt mit dem Slogan „Wir sind deins“. Es dürfte gern sichtbarer werden, dass sich die ARD für den Zuschauer und seine Lebenswelt interessiert. Oder liegt die Betonung auf dem „Wir“? Die Nähe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu seinem Publikum sollte sich in der Vielfalt der Lebensbereiche zeigen, die er abbildet. Dafür sollte er ihnen auch vorurteilsfrei begegnen. Warum wird zum Beispiel das Thema Lebensschutz oft mit so spitzen Fingern angefasst? Der gesetzliche Auftrag beschreibt recht gut, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll. Es muss daher eine kontinuierliche Kritik und Überprüfung stattfinden, ob er auftragsgemäß arbeitet. Das geschieht bereits durch die Aufsichtsgremien, die die Allgemeinheit vertreten sollen. Die Prozesse sind klar geregelt und auch kommuniziert. Auch gibt es vielfältige Kontaktmöglichkeiten zu den ­Sendern – wer sucht, der findet fast alle Informationen.

Aber wie wäre es, das noch transparenter und dialogischer zu gestalten und die Bürger in die Diskussion über den Rundfunk mit einzubeziehen? So haben es die Rundfunkpolitiker bei der Erarbeitung des Medienstaatsvertrags gemacht. Den Sendern stünde ein Bürgerforum zum Rundfunk ebenfalls gut. Auch Programmbeschwerden könnten von einem unabhängigen Rat außerhalb der Anstalt bearbeitet werden. Und es wäre ein Zeichen der Wertschätzung, wenn die Beitragszahler von „ihrem“ Rundfunk eine Rückmeldung bekämen: Danke für Ihre Unterstützung, für diese Dinge haben wir Ihr Geld eingesetzt.

GLAUBWÜRDIGKEIT

Alles mündet in der Frage, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk glaubwürdig ist. Voreingenommene Berichte oder eine erkennbare politische Motivation in Beiträgen trägt nicht dazu bei. Ebensowenig Prozesse, die dem Nutzer das Gefühl geben, dem System ohnmächtig gegenüber zu stehen. Eine PRO-­Recherche aus diesem Jahr zeigte, dass von 377 Programmbeschwerden in den vergangenen sechs Jahren nur zwei erfolgreich waren. Für den Nutzer stellt sich da die Frage nach dem Sinn dieses Instruments.

Fragen am demokratischen Verfahren weckte bei manchem auch, dass das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt kippte, der Erhöhung des Rundfunkbeitrages nicht zuzustimmen. Gut für die Medienfreiheit, aber gleichzeitig entsteht der Eindruck: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist unantastbar. Glaubwürdigkeit zeigt sich auch im Willen zur Veränderung.


Dieser Beitrag gehört zum Titelthema der Ausgabe 5/2022 des Christlichen Medienmagazins PRO. Das Heft können Sie kostenlos online bestellen.

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

3 Responses

  1. Ein selten guter Artikel zu diesem Thema. Die Kritik am ÖRR kommt ja eher aus dem rechten politischen Spektrum, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das linke Spektrum sich dorrt sehr gut wiederfindet. Insgesamt ist es auch nicht allein ein Problem des Rundfunks, sondern auch der Printmedien. Auch konservativen Zeitungen wie der FAZ wird oft vorgeworfen, nach links gerückt zu sein. Anderen (liberal-) konservativeren Blättern wie etwa dem „Cicero“ oder der NZZ wird wiederum vorgeworfen, eher nach rechts gerückt zu sein, was möglicherweise auch an deren Leserschaft liegen könnte. Einer der wenigen Genderkritiker im ÖRR ist bekanntlich der Kabarettist Dieter Nuhr, der aber ansonsten sicher kein strammer Konservativer ist. Selbstverständlich hat er mit Jan Böhmermann, der so gut wie alles Progressive verteidigt und dementsprechend alles Konservative durch den Kakao zieht, ein gewisses Pendant, welches inzwischen deutlich präsenter ist – und auch bei weitem nicht allein auf der weiten öffentlich-rechtlichen Flur. So lange aber die Kritik hauptsächlich aus AFD-affinen Kreisen kommt, dürfte sich trotz der vielen „pia desideria“ im o. g. Artikel eher nicht viel ändern. Es zeigt sich auch eine Parallele zur deutschen Parteienlandschaft, in der eine echte konservative (nicht rechte) Partei praktisch keine Chance hat, auch nur über 5 % zu kommen. Bei aller Kritik sind mir aber die öffentlich-rechtlichen, zu denen ja auch ARTE und 3Sat gehören, im Schnitt immer noch lieber als die Privaten, die wiederum meistens boulevardesk rüberkommen.

    7
    1
  2. Insbesondere frage ich mich oft, ob das gezeigte Bildmaterial nicht manipuliert ist bzw. wichtige Details weggelassen wurden…Meines Erachtens tendiert das ZDF, vorsichtig ausgedrückt, nach links/grün, die ARD nach rechts.

    3
    8
  3. Danke für die umfangreiche und treffende Analyse in diesem Artikel.
    Tatsächlich sind die „Privaten“ eine so schlechte Alternative, dass man nur hoffen kann, dass sich der ÖRR von Gendersprech, Korruption und Ideologie endlich befreit und seinen eigentlichen Auftrag wieder seriös erfüllt.

    11
    0

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen