Meinung

Tauchgang schwieriger Entscheidungen

Die Rettungsaktion einer Fußballmannschaft aus einem Höhlensystem sorgte 2018 für mediales Aufsehen. Jetzt zeigt der Film „Dreizehn Leben“ auf Amazon Prime von US-Regisseur Ron Howard, wie Menschen immer wieder vor schwierige Entscheidungen gestellt werden. Ein besonderes Detail des Geschehens lässt der Film allerdings weg.
Von Norbert Schäfer
Viggo Mortensen

Nach „The Cave“ aus dem Jahr 2019 und zwei Dokumentarfilmen aus den folgenden Jahren schildert nun der Film „Dreizehn Leben“ des US-amerikanischen Regisseurs Ron Howard die spektakuläre Rettungsaktion einer thailändischen Fußballballmannschaft aus der überfluteten Tham-Luang-Höhle. Die Jungen besuchten 2018 nach dem Training eine nahegelegene Höhle. Einströmendes Regenwasser versperrte dann den Rückweg und schloss die Jungen ein.

In dem Film verkörpern Viggo Mortensen und Colin Farrell die britischen Taucher Richard Stanton und John Volanthen, die maßgeblich an der Rettung der Jungen beteiligt waren. Der eine ein etwas exzentrischer ehemaliger Feuerwehrmann, der andere IT-Fachmann. Beide Männer verfügen über langjährige Erfahrung als Höhlentaucher und waren zuvor schon an Rettungsaktionen beteiligt. Die thailändische Regierung hatte die Höhlentauch-Spezialisten um Unterstützung bei der Bergungsaktion ersucht. Erfreulicherweise kommen die beiden Protagonisten in dem Drama gänzlich ohne die sonst üblichen markigen Kraftausdrücke aus. Mortensen und Farrell mimen gekonnt die beiden Hauptpersonen als überlegte und stille Helden.

Riskante Aktion

Nachdem die Jugendlichen kilometertief in der Höhle von den Tauchern gefunden werden, stellt sich die Frage, wie die nach tagelanger Abgeschiedenheit geschwächten Jungen aus der Höhle evakuiert werden können. Die Rettungsmannschaften stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Entweder warten und schlimmstenfalls die Kinder tot bergen und das eigene Leben schützen, oder den Versuch wagen, die Eingeschlossenen mittels einer bislang noch nicht erprobten und durchgeführten Methode aus der Höhle zu befreien und damit das eigene Leben und das der Jungen aufs Spiel zu setzen. Die Retter entscheiden sich für die riskante Aktion. Einen Arzt, der bei dem Vorhaben mit von der Partie ist, stellt das zusätzlich vor schwierige Gewissensentscheidungen.

Insgesamt geht es im Film auch darum, dass Menschen in kniffeligen Situationen und unübersichtlicher Lage verantwortungsvolle, kluge Entscheidungen fällen müssen. So hatte auch zuvor der Gouverneur der Region den Entschluss gefasst, die volle Verantwortung für die Rettungsaktion zu übernehmen. Wissend, dass neben dem Leben der Eingeschlossenen und der Rettungskräfte die eigene Karriere ein jähes Ende finden könnte. Ein anderes Mal steht ein Taucher vor der schwierigen Entscheidung, das eigene Leben zu schützen, aber damit das eines der Jungen zu gefährden. Am Ende gelingt die atemraubende Bergungsaktion, 13 Leben werden gerettet. Einer der thailändischen Marine-Taucher kommt dabei allerdings ums Leben.

Christliches wird ausgeblendet

Der Film vermittelt auch einen Eindruck davon, wie sehr Thailänder spirituell im Buddhismus verwurzelt sind und daraus Kraft und Hoffnung schöpfen. Das ist gut und richtig. Dass einer der Eingeschlossenen in Wirklichkeit aus einer christlichen Familie stammt und bei der Rettungsaktion eine entscheidende Rolle spielte, bleibt im Film leider im Dunkeln. Der christliche Junge konnte Medienberichten zufolge als einziger Englisch sprechen und ermöglichte so, dass sich die britischen Rettungstaucher mit den Jungen verständigen konnten.

Seinerzeit rief das christliche Kinderhilfswerk Compassion zu Gebet für den Jungen, einem Patenkind der Organisation, und alle Eingeschlossenen auf. Von all dem erfährt man bedauerlicherweise in dem Film nichts. Ebenso bedauerlich: Der Film gibt kaum Hinweise darauf, wie die Jungen die langen Tage bis zu ihrer Entdeckung durch die britischen Taucher in der Höhle überstanden und gemeistert haben. Es bleibt bei knappen Hinweisen, dass der Trainer – den die Jungen als Vorbild sehen, der sich aber schuldig für die Misere fühlt – sie zu Meditation und Atemübungen angeleitet hat. Dass weltweit für die Eingeschlossenen gebetet wurde, bleibt unerwähnt.

Der Film schildert spannend und chronologisch – mit Angaben von Tag und Uhrzeit – die Bergungsaktion der Eingeschlossenen. Bei der Aktion waren insgesamt rund 5.000 Helfer aus 17 Ländern beteiligt. Der Film rückt nicht nur den mutigen Einsatz der britischen Rettungs- und der thailändischen SEAL-Taucher in Szene, sondern auch die Hilfsbereitschaft und Anteilnahme der Bevölkerung sowie die Hoffnung der Eltern auf die Rettung ihrer Kinder. Die Handlung wird im Film straff erzählt. Dennoch hat der Streifen mit rund 150 Minuten Überlänge. Dass darin zwar das Englische ins Deutsche, nicht aber das Thailändische übersetzt wird, stört mehr, als es dem Drama dienlich ist. Insgesamt ist „Dreizehn Leben“ aber ein spannender Streifen nach einer wahren Begebenheit.

Ron Howard: „Dreizehn Leben“, 2 Std. 29 Min., FSK 12, Amazon Prime

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Eine Antwort

  1. Entschuldigung, was ist daran gut und richtig, dass „Thailänder spirituell tief im Buddhismus verwurzelt sind und daraus Kraft und Hoffnung schöpfen“…
    Ich muss mich wundern über manche Aussagen in der Pro.

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