Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bezweifelt, dass es zeitnah zu einer Ablösung der staatlichen Leistungen an die Kirchen kommen wird. Dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte Kretschmann, aufgrund der Staatsschulden infolge der Corona-Pandemie und geplanter höherer Verteidigungsausgaben sei eine Ablösesumme derzeit kaum zu stemmen. „Ich glaube, es gibt günstigere Zeitpunkte für die Ablösung als jetzt“, sagte der Ministerpräsident.
Im vergangenen Jahr erhielten die Kirchen bundesweit rund 590 Millionen Euro an Staatsleistungen. Ein Gesetzentwurf sieht als Ablöseleistung das 18,6-Fache des Jahresbetrags von 2020 vor, das wären in Baden-Württemberg rund 2,5 Milliarden Euro. Kretschmann hält das derzeit für nicht finanzierbar: „Wie soll das gehen ohne neue Schulden, die wir ja nicht machen dürfen? Woher sollen wir jetzt zweieinhalb Milliarden bekommen?“
Staat ist an die Verträge gebunden
Grundsätzlich stellt der Grünen-Politiker die Staatsleistungen nicht infrage. Sie seien eine vertraglich festgelegte Gegenleistung für Enteignungen Anfang des 19. Jahrhunderts. An diese Verträge sei der Staat gebunden. Die Kirchen sollten aber abwägen, in welchem Umfang sie nach 200 Jahren an Ansprüchen festhalten wollten.
Die Weimarer Reichsverfassung sah die Ablösung dieser jährlichen Zahlungen vor, das Grundgesetz übernahm den Passus aus der Weimarer Verfassung. Die Grundsätze für die Ablösung muss der Bund regeln. Ein Bundesgesetz wurde bislang nicht beschlossen. Die Staatsleistungen sind nicht zu verwechseln mit den Einnahmen aus der Kirchensteuer. Die katholische Kirche nahm 2020 rund 6,45 Milliarden Euro aus der Kirchensteuer ein, in der evangelischen Kirche waren es 5,63 Milliarden Euro.
4 Antworten
Wenn der Staat an Stabilität und Wohlergehen seiner Bürger interessiert ist, dann sollte er darum beten, dass es mehr engagierte Christen in der Gesellschaft gibt.
Der Verfassungsrichter und Rechtsphilosoph Böckenförde hatte das schon vor Jahren erkannt:
„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“
Naja. Dieser Satz ist so allgemeingültig wie nichtssagend. Und taucht mantraartig immer wieder auf.
Alles / Jeder lebt von Voraussetzungen, die es / er selbst nicht garantieren kann.
Oder: Nichts / Niemand lebt von Voraussetzungen, die es / er selbst garantieren kann.
Sie, lieber Eden, unterschätzen die Problematik, und auch die Bedeutung der Aussage von Böckenförde.
Das da einiges drinsteckt, das macht die umfangreiche Auseinandersetzung mit dem Böckenförde-Diktum in der wissenschaftlichen Literatur deutlich, von der populärwissenschaftlichen und medialen Befassung ganz zu schweigen.
Ganz wesentlich ist nämlich doch die Frage, aus welchen Quellen sich staatliches Recht und gesellschaftliches Klima und Normen ableiten.
Ist Moral und Ethik willkürlich dekonstruierbar und beliebig definierbar?
Oder gibt es dem Menschen – und insbesondere dem Staat – vorangehende Ethik, die im Eigentlichen ausmacht, was im Einklang mit der Menschenwürde steht (und was nicht).
Wieweit hier Gefährdungen schon manifest werden, dass macht die weitgehende Entrechtung von ungeborenen Kindern deutlich. Und auch die Diskussion um Suizidbeihilfe und Euthanasie, – obwohl wir aus der deutschen Geschichte die Abgründe kennen sollten.
Das mag alles sein, Jorge, aber was hat das mit dem Thema zu tun?