Spiegel tritt vom Amt der Bundesfamilienministerin zurück

Vier Monate nach dem Start der neuen Bundesregierung gibt es den ersten Rücktritt. Familienministerin Spiegel zieht sich nach Kritik an ihrem Verhalten als Landesministerin bei der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz zurück.

Die Grünen-Politikerin Anne Spiegel tritt vom Amt der Bundesfamilienministerin zurück. Nach Kritik an ihrem Umgang mit der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Jahr als Landesministerin in Rheinland-Pfalz erklärte Spiegel am Montag in Berlin, sie habe sich „aufgrund des politischen Drucks entschieden, das Amt der Bundesfamilienministerin zur Verfügung zu stellen“. Sie wolle damit Schaden von dem Amt abwenden, das vor großen politischen Herausforderungen stehe. Die Grünen wollen rasch über die Nachfolge entscheiden.

Die 41-jährige Spiegel scheidet damit rund vier Monate nach der Vereidigung der Bundesregierung aus dem Amt. Spiegel war in die Kritik geraten, weil sie kurz nach der Hochwasserkatastrophe, von der neben Nordrhein-Westfalen auch Rheinland-Pfalz schwer getroffen wurde, mit ihrer Familie in einen vierwöchigen Urlaub fuhr. In einer persönlichen Erklärung begründete Spiegel dies mit ihrer damals schwierigen familiären Situation.

Kanzler mit „großem Respekt“ vor Spiegel

Ihr Mann hatte demnach 2019 einen Schlaganfall erlitten und seitdem Stress vermeiden müssen. Außerdem habe die Corona-Pandemie bei ihren vier Kindern Spuren hinterlassen. Gleichzeitig wurde Spiegel Spitzenkandidatin der Grünen im dortigen Landtagswahlkampf 2021. Im Januar 2021 übernahm sie zusätzlich zum Amt der Landesfamilienministerin das der Umweltministerin von Rheinland-Pfalz.

Dies sei ein Fehler gewesen, sagte Spiegel am Sonntagabend in einem aufsehenerregenden Statement. „Das hat uns als Familie über die Grenzen gebracht“, sagte die Ministerin in der persönlichen Erklärung. Die Familie habe im Sommer 2021 Urlaub gebraucht.

Die Erklärung von Spiegel, in der sie tiefen Einblick in ihre private Situation gewährte, sorgte für Aufsehen im politischen Betrieb in Berlin. Sie habe auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) persönlich bewegt und betroffen gemacht, wie die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann noch kurz vor der Rücktrittserklärung Spiegels sagte. Nach dem Rücktritt erklärte Hoffmann, Scholz habe die Entscheidung Spiegels mit großem Respekt zur Kenntnis genommen. Er wünsche ihr für die Zukunft alles Gute.

Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte, Spiegel habe eine Offenheit gezeigt, „die wir selten so erlebt haben im politischen Berlin“. Der Co-Parteivorsitzende Omid Nouripour ergänzte, bei aller Härte sei der von Spiegel gewählte Schritt „richtig“. Man danke ihr sehr für die Entscheidung, sagte er. Die Grünen, die über die Spitze im Bundesfamilienministerium entscheiden, wollen nach seinen Worten nun zeitnah einen Vorschlag für die Nachfolge unterbreiten.

epd
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2 Antworten

  1. Man hat Frau Spiegel vermutlich sehenden Auges in die Katastrophe laufen lassen. Mit der Krankheit ihres Mannes dürfte schon länger klar gewesen sein, daß sie sich nicht voll auf ein politiches Amt, das ja kein 8-Studen-pro-Tag-Job ist, konzentrieren kann. Man hat ihr dann noch die Verantwortung für ein zweites Ministerium übergeholfen, sie zur Spitzenkandidatin gemacht und alle weiteren Problem ignorierend schließlich zur Bundesministerin. Ist da niemand auf die Idee gekommen, ihr zu sagen, daß sie sich jetzt um ihre Familie kümmern und die Politik aufgeben muß? Ist das eine Folge der linksgrünen Abwertung der Familie als reaktionär? Da sind eigentlich noch einige weitere Leute zur Verantwortung zu ziehen!

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    1. Das „Linksgrünen“-Argument ist hier fehl am Platz. Insbesondere aus einer konservativen Perspektive heraus, für die es völlig normal ist, dass Väter zugunsten ihres Berufs, ihrer Karriere die Familie vernachlässigen. Kinder brauchen ihre Väter zu gleichen Teilen wie die Mütter.
      Weshalb kommt so ein Aufschrei eigentlich nie bei Männern in Machtpositionen? Weil unsere Gesellschaft traurigerweise immernoch (!!) überwiegend patriarchal denkt und weit entfernt von Gleichberechtigung ist.

      Das Umdenken muss generell in allen Kreisen stattfinden – von der Leistungsorientierung hin zur Beziehungsorientierung. Niemand soll sagen müssen, es sei ein „Fehler“, sich in einer familiären Krisensituation zu viel Zeit für die Familie genommen zu haben! Niemand soll sich mehr die Frage stellen müssen nach Beruf ODER Familie.

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