3sat-Dokumentation: Faszination Facebook

Zur besten Sendezeit hat sich der Fernsehsender 3sat am Mittwoch der „Fazination Facebook“ gewidmet. Der Beitrag beschreibt aus Sicht von Schweizer Schülern, wie das soziale Netzwerk ihre Welt erobert. In der Schweiz haben 660.000 Schüler unter 16 Jahren ein Facebook-Profil.
Von PRO

Damit habe Facebook dem Fernsehen als Medium Nummer 1 längst den Rang abgelaufen. Welche Macht das soziale Netzwerk besitzt, beweisen die Beispiele zu Beginn des Beitrags. Joanne etwa erzählt von einem Bild auf ihrem Profil, dass ein anderer Nutzer manipuliert habe und auf dem sie zu sehen ist, wie sie eine andere Person oral befriedigt. Ophelye wurde über ihr Profil als dreckige Nutte beschimpft. Diese Vorkommnisse sind kein Einzelfall.

Die Macher des Beitrags befragen die Soziologin Claire Balleys. Sie hat in ihrer Doktorarbeit die Außenwirkung von Beziehungen in sozialen Netzwerken erforscht. Liebesbeziehungen in Facebook würden oft inszeniert. Jugendliche wollten beweisen, dass sie auch ohne Eltern dazu in der Lage sind, ihr eigenes soziales Netzwerk auf- und auszubauen. Sie bilanziert: Auf der einen Seite gebrauchten junge Menschen bei der Bewertung anderer oft beleidigende Ausdrücke, andererseits stellten sie sich selbst als verführerisch und attraktiv dar.

Sozialen Druck aushalten

Dadurch, dass Jugendliche mit Hilfe der Smartphones dauerhaft miteinander verbunden sind, entstehe ein sozialer Druck für Freunde erreichbar zu sein. „Sie glauben ihre Freundschaft dauerhaft beweisen zu müssen“, sagt Balleys. Für viele habe Facebook eine fast „heilige Bedeutung“. Die Trauer um ein Haustier etwa werde in dem sozialen Netzwerken verarbeitet. So könne man Traurigkeit teilen, ohne dass jemand einen weinen sieht. Erschreckend einfach sei auch der Schritt zu pornographischen Inhalten. Viele dieser Bilder würden online gestellt, obwohl Facebook sie in ihren Nutzungsbedingungen verbietet. Aus Sicht des Experten für sozialen Medien, Stephane Koch, sei dieser Missstand bei 3.000 Mitarbeitern gegenüber 850 Millionen Nutzern kein Wunder.

Beleuchtet wird auch der Fall einer Schülerin aus Genf, die durch einen Aufruf auf Facebook von einem Großteil ihrer Schüler verprügelt werden sollte. Der Auslöser dafür war ein falsches Facebook-Profil. Auch für die 12-jährige Manon sei das Mobbing per Internet unerträglich geworden. Die Angst vor den Schülern und dem Schulweg habe den Schulwechsel erzwungen, der Alptraum sie an den Rand einer Depression getrieben. Ausgestanden sei das Thema noch immer nicht.

Datenschutzrechtliche Bedenken

Dass Facebook auch eine juristische Dimension hat, erklärt Anwalt Sebastien Fenti. Die Zahl der Klagen wegen Cybermobbings steige, aber das Problem werde verharmlost, und die Justiz sei überfordert. Der Soziologe Sami Coll sieht große datenschutzrechtliche Bedenken: „Nicht alle verstehen, dass hier eine Vorspiegelung falscher Tatsachen geschieht.“ Facebook habe – völlig legal – das Recht, über sämtliche Informationen der Privatsphäre zu verfügen. Diese Tatsache wüsste die Werbeindustrie geschickt zu nutzen. Werbung werde über eine genau definierte Zielgruppe weitergegeben und die Nutzer damit in eine Schublade gesteckt, was nicht immer ihrer sozialen Herkunft entspreche.

Stephane Koch sieht die Notwendigkeit, sich im Rahmen des Unterrichts mit den sozialen Netzwerken zu beschäftigen. Wie in anderen Lebensbereichen auch, sei es wichtig, sich damit zu beschäftigen, um die Hilfestellungen auch für das eigene Leben anzuwenden. Das Rad der Zeit könne man nicht zurück drehen, heißt es in dem Beitrag. Die heutigen Jugendlichen könnten besser mit Facebook umgehen als die Eltern, seien aber gleichzeitig auch angreifbarer – und müssten deswegen geschützt werden. (pro)

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