Als das erste Buch des Komikers Hape Kerkeling vor genau zwei Jahren erschien, hatte es eine Erstauflage von 50.000 Exemplaren. Doch verkauft wurden zuweilen täglich bis zu 20.000 Bücher. Der Verlag kam oft nicht mit dem Drucken nach.
Über die krassen Folgen, die der nicht enden wollende Verkaufserfolg Kerkelings auf das Pilgern für den spanischen Jakobsweg hat, berichtet die „Netzeitung“ unter der Überschrift: „Drei Millionen Deutsche sind ‚dann mal weg‘„.
„Religion ist wieder in“
Seit 100 Wochen steht Kerkelings Buch auf dem ersten Platz der Bestsellerlisten von „Spiegel“ und „Focus“ – und ein Ende ist nicht absehbar. Mehr als drei Millionen Exemplare wurden mittlerweile verkauft. „Religion ist wieder in“, sagt Eva Brenndörfer, Sprecherin des Piper-Malik Verlags. Viele Nicht-Leser seien dank Kerkeling in die Buchhandlungen gelockt worden.
Aber nicht nur in die Buchläden, auch auf die Pilgerstrecke selbst zieht es die Deutschen, auf die fast tausend Jahre alte Route zum Grab des Heiligen Jakobus, den „Camino Francés“, wie die Strecke von den Pyrenäen nach Santiago de Compostela heißt. Die Zahl der Pilger aus Deutschland kletterte nach Angaben des Pilgerbüros in Santiago von 8.000 im Erscheinungsjahr auf knapp 14.000 ein Jahr danach. Damit waren zwölf Prozent aller Pilger, die in Santiago ankamen, Deutsche.
„Durch das Buch haben wir einen Schub bekommen“, bestätigt auch Christoph Kühn von der Deutschen Jakobus-Gesellschaft. Mehr als 11.000 Anfragen hat der Verband mit Sitz im katholischen Aachen im vergangenen Jahr bekommen. Nicht nur körperliche Ausdauer treibe die Fahrer an, sagt Kühn. „Entweder suchen sie etwas oder sie haben etwas zu bewältigen“, weiß er aus vielen Gesprächen.
„Pilgerrennen“ statt einsame Sinnsuche
Die Rekordzahl ermutigt auch die Kirchen, so der dpa-Text. „Es gibt das Bedürfnis, eine Leere im Alltag zu füllen“, sagt Pater Christoph Jan Karlson. Der Theologe ist Geistlicher Direktor der Katholischen Akademie in Berlin und stellt seit Jahren ein wachsendes Bedürfnis nach „spirituellen Dingen“ fest. Kerkelings Buch, mutmaßt Karlson, fülle eine Lücke bei der Selbstsuche.
Mittlerweile werden Busreisen und Billigflüge zum Pilgerweg angeboten, organisierte Fahrten für Individualisten oder Gruppentouren. Eine Entwicklung, die Jochen Schmidtke vom Paderborner Freundeskreis der Jakobspilger mit gemischten Gefühlen betrachtet: „Der Weg droht zu kollabieren.“ Außerdem gebe es das eigentlich typische einsame Wandern kaum mehr. Der Jakobsweg ist überfüllt, die Herbergen würden überrannt. Auch der Konkurrenzgedanke beflügele mittlerweile viele Wanderer: „Da gibt es Menschen, die sich 40 Kilometer am Tag vornehmen – und sprechen dann vom Wunsch nach Entschleunigung in ihrem Leben“, sagt Schmidtke. (PRO)